Rezension: Die Sommerhäuser der Dichter- Thomas Lardon (Hrsg)- Corso


Der Sommerstreibtisch von Thomas Lardon, dem Herausgeber dieses bemerkenswerten Buches, befindet sich in Ahrenshoop, dem historischen Künstlerort an der Ostsee. Das lässt bereits erahnen,  welch Geistes Kind dieser Herausgeber ist und was ihn antrieb, vorliegendes Werk auf den Weg zu bringen.

Sehr einfühlsam präsentiert Lardon 35 Sommerresidenzen namhafter Künstler und ordnet die informativen Texte drei Abschnitten zu, als da sind: 

Nichts wie raus aufs Land! 
Das Paradies kann nur am Wasser liegen
Auch in der Stadt riecht es nach Sommer 

Dieses spannend zu lesende Buch, in dem Textbeiträge von 16 Kulturschaffenden über die Sommerhäuser von bekannten Künstlern nachzulesen sind, beginnt mit der Präsentation des Sommerhauses von Berthold Brecht und Helene Weigel. Der Schriftsteller soll eine Vorliebe für großzügiges bürgerliches Wohnen gehabt haben, liest man und entsprechend stellten sich seine beiden Ferienhäuser am Ufer des Schermützelsees dar, die auf einem 3800 Quadratmeter großen Seegrundstücks, inmitten einer parkähnlichen Gartenanlage in "vornehmer Distanz" zueinander standen. Man erfährt wie sich das Leben dort gestaltet hat, auch u.a. dass dort 1953 die "Buckower Elegien" entstanden sind. Anhand von eindrucksvollen Fotos erhält man dann einen visuellen Eindruck von besagtem schönen Ort, der viel über das Seelenleben des Dichters zum Ausdruck bringt. 

Die Beiträge über die Häuser der Dichter im Buch folgen keinem für mich jedenfalls erkennbaren System. Auf das Haus Jean Cocteaus folgt beispielsweise ein eher kurzer Beitrag über das Versteck Heinrich Bölls, das in der Eifel gelegen, vorübergehendes Domizil für den Schriftsteller Alexander Issajewitsch Solschenizyn wurde und heute Teil eines internationalen Netzwerkes ist, das politisch verfolgte Autoren unterstützt. 

Über das "Monk House" von Virginia Woolf habe ich kürzlich erst eine Rezension verfasst und finde, dass Bettina Querfurths Kurzfassung hier wirklich gelungen ist. 

Schön, dass man den Sommersitz der Familie Brentano nicht vergessen hat. Dort in Winkel im Rheingau hielt sich bekanntermaßen Johann Wolfgang Goethe gerne auf. Ein traumhaft schöner Ort übrigens.

Dann lernt man auch in wenigen Worten und einem hübschen Foto das schlichte Haus im Ober-Engadin kennen, in dem Friedrich Nietzsche sieben Sommer zubrachte und in dem heute "geistig und kulturell rege" Menschen zu Gast sein können. 

Ein etwas längerer Textbeitrag zu Albert Einsteins Sommerhaus in der Gemeinde Caputh unweit von Potsdam sagt viel über ihn aus, denn dort liebten ihn  alle um seiner selbst willen, denn kaum einer habe seine Berühmtheit gekannt. 

Auch die Sommerhäuser von Thomas Mann und Siegfried Lenz lernt man kennen und das sommerliche Exil in von Leon Feuchtwanger in Sanary-sur-Mer. Dazu schreibt Feuchtwanger: "Die Landschaft ringsum mein Haus ist schön und voll tiefen Friedens. Berge, Meer und Inseln; eine herrlich geschwungene Küste; Ölbäume, Feigenbäume, Pinien, ein paar verstreute Häuser." Ein Sehnsuchtsort inmitten des Krieges und der Verfolgung  Andersdenkender, wie es scheint. 

Ich möchte hier nicht alle Ferienoasen benennen, die im Buch enthalten sind, doch auf jeden Fall noch den Bericht über das Sommerhaus von Max Liebermann erwähnen, das jede Aufdringlichkeit vermeidet. Liebermann, welch beeindruckender Mensch und Künstler!

Was lässt all die gezeigten Sommerhäuser so charmant erscheinen? Vielleicht der Geist, der von ihnen ausgeht, der die Bewohner überdauert hat? Möglich. Vielleicht aber noch tausend andere Dinge, die es vor Ort erst wirklich zu entdecken gilt.

Kreativität benötigt Auszeiten. In Sommerhäusern versprechen sie gewiss märchenhaft zu werden.

Maximal empfehlenswert

Helga König

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