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Rezension: Zusammen- Ronja von Wurmb-Seibel – Kösel



Ronja von Wurmb-Seibel, eine mehrfach auszeichnete Journalistin, Autorin und Filmemacherin,  hat mit "Zusammen" ihr drittes Buch verfasst. Der Untertitel dieser Publikation lässt bereits erkennen, worum es geht. Er lautet "Warum wir für ein gutes Leben Verbündete brauchen und wie wir sie finden."

Im Rahmen von acht Kapiteln wirbt die Autorin für ein besseres Miteinander und erinnert an Hannah Arendts Werk "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft", indem diese beschreibt, dass Einsamkeit, Isolation und das Fehlen tragfähiger Beziehungen die entscheidenden Wegbereiter des Nationalsozialismus in Deutschland waren. 

Aktuelle Studien zeigten, dass Einsamkeit dazu führe, dass Menschen sich weniger stark gesellschaftlich engagierten und weniger an politischen Prozessen teilnehmen würden. 

Die Autorin möchte mit ihrem Werk  Antworten suchen auf die Frage, was uns dabei hilft, verlässliche Verbündete zu finden, was uns hilft, gegen das Gefühl von Einsamkeit anzukämpfen, sowohl gesellschaftlich als auch individuell und diesem etwas entgegenzusetzen. 

Sie fragt u.a., was man tun kann, um trotz Alltagsstress, geographischer Entfernungen und kapitalistischer Zwänge in unserem Leben, Zeit für andere Menschen freizuschalten aber auch, was man selbst tun kann, um den kollektiven Gefühl der Entfremdung etwas entgegenzusetzen. 

Wir benötigten Menschen zum Überleben und damit wir gut lebten könnten. Unser Gehirn reagiere auf soziale Ausgrenzung oder auf das Gefühl isoliert zu sein, mit einer Art Überlebensmodus. Wie dieser ausschaut, beschreibt die Autorin sehr genau aber auch welche Folgen dies hat. 

Auf gesellschaftlich-politischer Ebene habe Einsamkeit bzw. das Bedürfnis, uns mit anderen zu verbinden, auch Folgen, denn einsame Menschen haben ein geringeres Vertrauen, nicht nur in ihre Mitmenschen, sondern  laut dem Pilotbericht "Einsamkeitsbarometer" aus dem Jahr 2023 auch gegenüber politischen Institutionen. Einsame Jugendliche tendierten häufiger zu antidemokratischen Einstellungen bis hin zur politischen Radikalität. 

Die Zusammenkunft mit Dritten und gemeinsame Reden über eine Sache, könne von Menschen als heilend empfunden werden, selbst dann, wenn sie einander zuvor nie begegnet sind oder noch nicht mal wüssten wie ihr Gegenüber heiße. Jedes Mal, wenn wir Gemeinschaft erlebten, schützten  wir unseren Körper vor den Folgen von Einsamkeit. 

Einsam fühle sich, wer weniger soziale Kontakte habe als er oder sie sich wünsche. Dabei unterscheiden Forschende, so die Autorin, grundsätzlich zwischen emotionaler Einsamkeit- dem Mangel an engen Beziehungen, sozialer Einsamkeit – einem Mangel an Freund*innen und Bekannten- als auch kollektiver Einsamkeit- dem Mangel an Zugehörigkeit zu einer größeren Gruppe oder der Gesamtgesellschaft.

Einsamkeit sei ein Zustand. Als solcher ist er veränderbar. Im Jahr 2023 fühlten sich in Deutschland 25% der Menschen "sehr einsam". Dabei sei das Risiko junger und alter Menschen sehr hoch und Frauen seien stärker als Männer betroffen. 

Um der Einsamkeit zu entgehen, werden nach jedem Kapitel Experimente für den Alltag präsentiert, die es lohnt auszuprobieren. Spannend zu lesen, das Kapitel "Das Geheimnis des gesunden Älterwerdens". In 148 Studien kam man zum Ergebnis, dass soziale Beziehungen die Lebenserwartung steigern und zwar um mehr als 50%. 

Wichtig für soziale Beziehungen ist die Neugierde, sie schaffe die Grundlage für ein tieferes Gespräch. Weiter erfährt man, wie man neue Menschen in sein Leben lassen kann und weshalb es wichtig ist, Gespräch von Angesicht zu Angesicht zu suchen. 

Wie schafft man es gar eine "Community" zu gründen? Weshalb ist es so wichtig, Freude zu empfinden? Über das und vieles mehr, schreibt die Ronja von Wurmb-Seibel packend und erwähnt die Autoren Chip und Dan Heath, die so treffend formulieren "Menschen fühlen sich eng miteinander verbunden, wenn sie erkennen, dass das, was sie tun, wichtig ist und dringend und größer als jeder Einzelne von ihnen."

Mximal empfehlenswert.

Helga König

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