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Rezension: Nicht auf den Kopf- Meine persönlichen Erfahrungen mit #Gewalt in der #Familie- #Markus_Breitscheidel

Verfasser dieses Berichtes ist der investigative Journalist und Autor Markus Breitscheidel, dessen Buch "Abgezockt und totgepflegt" zum Bestseller wurde und für eine breite gesellschaftliche Diskussion sorgte. 

Der Autor berichtet in seinem neuen Werk von den Gewaltexzessen seines Vaters, einem typischen Psychopathen, der unter Alkoholeinfluss seine Familie tyrannisierte und auf Frau und Kinder einprügelte. Obschon Verwandte, Nachbarn und Lehrer von den Missständen wussten, half keiner den drangsalierten Kindern und der vielfach geprügelten Frau, sich  aus der Hölle zu befreien.

Die Traumatisierten wurden alleine gelassen und es dauerte Ewigkeiten bis sich die Familie von ihrem Peiniger, einem Bauingenieur übrigens, befreien konnte…  

Der Bericht ist phasenweise kaum zu ertragen. Wie kann ein Mensch nur so niederträchtig handeln, wie dieser Vater und Ehemann?

Im Nachwort fragt sich der Autor, was seine Eltern habe so werden lassen. Ob möglicherweise die katholische Erziehung seine Mutter habe nicht frühzeitig gehen lassen. Er überlegt, wo sie gelernt habe, sich in einer solchen Opferrolle zu bewähren und geht vielen anderen Fragen nach, die ihn und seine Herkunftsfamilie betreffen. 

Mittlerweile hat Breitschädel Menschen kennen gelernt, die angesichts des Elends anderer, "nicht wegsehen, sondern zupacken, helfen und aushalten". 

Zu diesen Personen zählt auch er heute und hat die Erfahrung gemacht, dass "jede und jeder seine Geschichte habe mit Schmerzen, körperlichen und seelischen, und jede und jeder daraus eine andere Qualität der Widerstandsfähigkeit entwickele."

Subtile Gewalt, Prügel und Psychoterror, so hebt der Autor hervor, sind Mittel der Kontrolle und Macht.  Das sollte sich jeder bewusst machen, wenn sie uns begegnen.

Im Nachwort von Prof. Sabine Andresen und Cordula Lasner-Tietze vom Deutschen Kinderschutzbund erfährt man, dass viele gepeinigte Kinder erst im Erwachsenenalter über Misshandlungen, Demütigungen und Erniedrigungen sprechen können. Je zeitiger Kinder Hilfe erhielten, desto eher könne weitere Gewalt verhindert werden, desto mehr Zeit haben Betroffene, Verletzungen zu verarbeiten, umso mehr Gelegenheit böte sich, heilsame Beziehungserfahrungen zu erleben. 

Der Heilungsprozess benötige viel Zeit. Heute sprechen sich 90% der Eltern in Deutschland für eine gewaltfreie Erziehung aus. Doch leider zeige die Realität, dass körperliche, seelische und sexuelle Gewalt an Kindern hierzulande nach wie weit verbreitet sei. Zwei bis drei Millionen Kinder hätten mindestens einmal in ihrem Leben erinnerbare Formen von Misshandlungen durch ihre Eltern erfahren. Da die Dunkelziffer hoch sei, sei die Quote der Misshandelten vermutlich noch weitaus höher. 

Die beiden Damen vom Kinderschutzbund berichten u.a. darüber, wie ein Kind mit Gewalterfahrung lebt und was es benötigt. Auch wird erläutert wie man das positive, aktive Selbstbild stärkt und was erforderlich sei, um Gewalt an Kindern zu erkennen. Die Bedeutung von Beratung wird thematisiert, auch welche Hilfe es gibt und wie Beratung funktioniert. Neben weiteren anderen Punkten lernt man die Forderungen des Deutschen Kinderschutzbundes zum Schutz der Kinder vor Gewalt kennen und erhält eine Fülle von Kontaktdaten zu Kinderschutzzentren. 

Ein mutmachendes,  wichtiges Buch. 

Sehr lesenswert. 

Helga König

Überall im Fachhandel erhältlich
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Rezension: Die Kunst mit Schwerem leicht zu leben- Eine Lebensschule- Beate Scherrmann-Gerstetter, Manfred Scherrmann- Herder

Das Autorenteam Beate Scherrmann-Gestetter (Diplompädagogin und Theologin) und Manfred Scherrmann (Paar- und Familientherapeut) zeigen im vorliegenden Buch wie man innere Stärke gewinnt, wenn unsere Lebenssituation diese besonders erforderlich macht. 

Das Buch  ist in fünf Teile untergliedert: 
Teil 1: Innere Stärke gewinnen 
Teil 2: Loslassen was war 
Teil 3: Neues einüben 
Teil 4: Grundlegendes, um innerlich frei zu werden 
Teil 5: Wenn uns sehr Schweres herausfordert. 

Die beiden Autoren haben die Kapitel gemeinsam geschrieben. In den ersten  drei Teilen zeigen  sie wie Menschen es sich durch das Missachten einfacher Verhaltensregeln im Alltag unnötig schwer machen. Zugleich wird erläutert wie man es sich leichter machen kann und zwar, indem man seine Sichtweise verändert. Es wird darauf hingewiesen, dass Fehler zu machen zum Menschsein gehört, es aber nicht nötig sei, stets die gleichen Fehler zu machen. Wichtig sei es, in Fehlern Lern- und Entwicklungschancen zu sehen.  Das ist nicht neu,  kann aber nicht oft genug   gesagt werden.

Es wird thematisiert wie man guten Gedanken Raum verleiht und hier auch, dass die Konzentration auf Schönes in der Natur der Seele gut tue. 

Wer ein seelisches Tief habe, halte sich weitgehend von anderen fern, selbst von guten Freunden. Man müsse sich jedoch bewusst werden, dass das Pflegen guter sozialer Kontakte unser Lebensgefühl entscheidend beeinflusst. Soziales Engagement unterstütze auch die geistige Leistungsfähigkeit im Alter. Auch das ist klar.

Immer wieder kann man sich anhand von Beispielen aus der Praxis einen guten Eindruck von dem verschaffen, was die Autoren raten. Warum das Loslassen wichtig ist, wird beleuchtet, auch weshalb man sich aus der Opferrolle herausentwickeln soll. Wer Ursachen für Leid erkennen möchte, muss sich seinen Problemen stellen und sich beispielsweise aus alten Mustern lösen. Wer feste Verhaltensmuster verändern möchte, benötigt Zeit. Ballast abwerfen, Schuldgefühle verabschieden und anders mehr sind oft wichtig, um erneut innere Stärke zu gewinnen. 

Auch trauern ist notwendig, damit das eigene Leben gut weitergeht und nicht auf Dauer vom erlittenen Verlust verdunkelt wird. Wie man Neues einübt, wird auch gezeigt. Danken und Achten verändert uns Menschen positiv, ganz ähnlich wie anerkennende Worte. Falls jemand damit bislang Probleme hatte, wird ihm nach der Lektüre klar, weshalb er es ändern möge. 

Dass man mittels Bewegung zur inneren Ruhe finden könne, hat der ein oder andere gewiss schon gehört und dass man innerlich Abstand nehmen soll, wenn uns etwas nicht gut  tut,  ebenso. 

Sofern es im Familiensystem, in der eigenen Lebensgeschichte oder in der aktuellen Lebenssituation viel Schweres gibt, dann sei Grundlegendes notwendig, um weiterzukommen.  Darüber erfährt man in Teil 4 mehr.  

Wie man Frieden mit der eigenen Geschichte schließt und die eigene Lebenssituation entlastet,   wird  gut beleuchtet. Das Motto lautet Hinschauen- Annehmen- Loslassen. 

Teil 5 zeigt eine weitere Möglichkeit mit Schwerem umzugehen. Hier wird auf spirituelle Ebenen verwiesen wie auch auf Meditation, mittels der man das Schwere im Leben vielleicht ein wenig erleichtern kann. 

Selbst, wenn uns mancherlei klar ist, benötigt man in Zeiten, wo vieles auf uns lastet, Bücher wie dieses, weil  sie Trost schenken und  uns erneut Mut verleihen, innerlich stark zu sein.

Empfehlenswert 

Helga König

Im Fachhandel erhältlich

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Rezension: Kunst der Gastlichkeit- 22 Anregungen aus der deutschen Geschichte und Gegenwart- Erwin Seitz

Der Autor dieses Buches ist Dr. Erwin Seitz. Der gelernte Metzger und Koch studierte Germanistik, Philosophie sowie Kunstgeschichte in Berlin und Oxford, um dann mit einer Arbeit über Goethes Biographie zu promovieren. Seitz war sechs Jahre lang Herausgeber von Cotta´s Kulinarischem Almanach und lebt heute in Berlin als freier Journalist, Autor und Gastronomiekritiker.

Das vorliegende Werk hat in erster Linie ästhetische Phänomene der Gastlichkeit im Fokus nicht aber moralische Gebote. Es gehe um die Kunst der Gastlichkeit, das Können des Connaisseurs und generell um das Delikate und Entzückende wie er zusammenfasst. Zur Sprache gebracht werden Entwicklungen, die zu bürgerlicher Gastfreundschaft,  aber auch zu gewerblicher Gastronomie führten. 

Nach einer umfangreichen Einleitung mit dem vielversprechenden Titel "Erfindung der Gastlichkeit" kann man sich in 22 Kapiteln von dem Autor vielschichtig in puncto Gastlichkeit anregen lassen. Diese Eigenschaft, so Seitz, beginnt dort, wo zwei Menschen zusammen sind und gemeinsam speisen. Deshalb auch bilden Begriffe wie Mahlzeit, Tischgemeinschaft und Gastmahl fließende Übergänge. 

Von der ursprünglichen Verzauberung des Menschen ist die Rede, die offenbar in der Handhabung des Feuers lag und man liest zudem alsbald von Orten der kreativen Muße, die man schützen müsse, nicht zuletzt auch deshalb, weil Eliten, die keinen allgemein menschenwürdigen Lebensstil entwickeln, keine Eliten bleiben, sie ihrer  Kulturlosigkeit wegen demnach zur Bedeutungslosigkeit verurteilt werden. 

Man muss die Kapitel des Buches nicht chronologisch lesen, sondern kann beispielsweise mit dem Kapitel "Kunst des Tischgesprächs" beginnen. Ich zitiere den Anfang, um daran aufzuzeigen, was dieses Buch so spannend macht: "Wenn sich Goethe nicht gerade unpässlich fühlte, war er ein wunderbarer Gastgeber, voll von Bonhomie, Menschenfreundlichkeit. Wie bereits berichtet, nutzte er zuweilen, noch bevor der Service begann Utensilien auf dem Tisch, um für zwanglose Gespräche zu sorgen. Er stellte, was bis dahin unüblich war, Blumenvasen auf die Tafel, und siehe da: "Die Unterhaltung ging gleich auf die Blumen" wie es Charlotte von Stein im Brief an Charlotte Schiller bezeugte…." 

Diese kleine Textstelle macht deutlich, worum es dem Autor im Buch geht: Um das Glück der Gastlichkeit, die sich darin dokumentiert, dass die Tafelrunde für eine Weile der gewöhnlichen Welt enthoben ist, sei es im Kloster, beim Staatsbankett, im arkadischen Landhaus oder anderenorts. 

Empfehlenswert 

Helga König

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