Dieses Blog durchsuchen

Rezensension - Sich Durchsetzen aber richtig - Dale Carnegie-Training

Mit weit mehr als sieben Millionen Teilnehmern zählt das "Dale Carnegie Training" heute weltweit zu den führenden Trainingsunternehmen." Das vorliegende, von Carolin Skiba aus dem Amerikanischen übersetzte Buch wartet mit 5 effektiven Durchsetzungsstrategien für mehr Erfolg im Beruf auf.

Durchsetzungsvermögen, so erfährt der Leser, liegt zwischen zwei Extremen: rücksichtslose Aggressivität und defensive Passivität. Tatsächlich durchsetzungsfähige Personen leben keines der beiden Extreme aus. Aggressive Charakter, so wird unterstrichen, verhalten sich Dritten gegenüber egoistisch, rücksichtslos, unfreundlich und fordernd. Passive Menschen hingegen sind schwach, beugen sich dem Willen ihrer Gegenüber und stellen ihre persönlichen Interessen zurück. Durchsetzungsfähige Zeitgenossen wählen den Mittelweg, (vgl.: S.12).

Durchsetzungskraft ist ein gutes Heilmittel gegen Angst, Schüchternheit und Wut. Dies sind kindliche Emotionen, die man im Erwachsenenalter unter Kontrolle bringen sollte, (vgl.: S. 12) Erklärt werden zunächst die vier Schritte zu mehr Durchsetzungsfähigkeit: Untergliedert sind diese in: 1. Ursachenforschung, 2. Ehrliche Selbsteinschätzung, 3. Den Blick nach außen richten, 4.Jetzt geht`s los. Unmissverständlich wird gezeigt, dass Durchsetzungsfähigkeit auch bedeutet, seinen Mitmenschen nicht zu drohen, weil Drohungen unweigerlich persönliche Konflikte hervorrufen, (vgl.: S.20). Drohungen haben letztlich Feindschaften zur Folge und zeigen, dass der Drohende nicht fähig ist, sich souverän durchzusetzen. Drohung ist Durchsetzungsschwäche und nicht zielführend.

Durchsetzungsfähige Menschen reagieren nicht auf Aggression. Besser ist es dem Aggressor klar zu machen, dass man versteht, wie er fühlt. Dies minimiert in der Regel Aggressionen. In Aktionsschritten lernt der Leser nach jedem Kapitel, sich zu verändern und an seiner Durchsetzungsfähigkeit zu arbeiten.

Die Zauberformel für mehr Durchsetzungsfähigkeit im Hinblick auf die eigene Meinung lautet:
"1. Fassen Sie die Fakten zusammen.
2.Drücken Sie Ihre Gedanken und Gefühle aus.
3. Sprechen Sie klar über Ihre Wünsche und Bedürfnisse und über den Nutzen für Ihren Gesprächspartner." (Zitat S.25)

Durchsetzungsfähigkeit hat generell nichts mit Macht zu tun, sondern nur etwas mit Selbstachtung und der Achtung anderer Personen. Hat man es mit Menschen zu tun, die sich ignorant gegenüber unseren Willensäußerungen zeigen, sollten wir uns fragen, ob man die eigene Botschaft noch deutlicher machen und sich noch klarer ausdrücken könnte und sollte sich überlegen, wie man es vermeidet, dass der andere vom Thema ablenkt, (vgl.:S.29). Wichtig ist immer auf die eigene Körpersprache zu achten sowie in der ersten Person und in direkten Rede mit dem anderen zu sprechen. In Gesprächen ist es stets wichtig, ruhig zu bleiben, erst zu denken und dann zu sprechen und eine aufrechte Sitzhaltung zu bewahren, (vgl.: S. 33). Gespräche sollten immer positiv begonnen werden, Fehler sollten indirekt angesprochen werden, generell sollte man Vorschläge machen und nicht befehlen und ein Gespräch positiv beenden, (vgl.: S. 34-37).

In der Folge wird gezeigt, wie man Widerstände überwindet, bevor man erlernt, wie man positive Beziehungen aufbaut. Es muss klar sein, dass aggressive Menschen, die andere in eine Handlung drängen möchten, häufig unsicher sind. Wir müssen uns von solchen unsicheren Zeitgenossen nicht beeindrucken lassen. "Tyrannen sind eine ganz spezielle Art dominanter Personen. Es sind Menschen, die in ihrem tiefsten Innersten zutiefst verunsichert sind. Sie dominieren, weil sie es nicht schaffen, anderen Einfluss und Verantwortung zuzugestehen", (Zitat. S. 46). Verhalten dieser Art stammt aus der Kindheit. Reaktionen unsicherer, nicht durchsetzungsfähiger Menschen verstärken das Verhalten von Tyrannen, dennoch funktioniert tyrannisches Verhalten stets nur eine Zeit lang, (vgl.: S. 46). "Tyrannen wollen ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen, andere kontrollieren, ihren Status sichern, ihre Mitmenschen manipulieren, Entscheidungen treffen, ihren Machtbereich ausbauen, materielle Zeichen für Erfolg und Wohlstand anhäufen, indem sie dafür sorgen, dass ihnen blindlings gefolgt wird", (Zitat.S. 47). Wer sich in einem solchen Verhalten üben möchte, wird im vorliegenden Buch keinen Rat finden.
Wichtig: Tyrannen muss man immer dominant entgegentreten und darf sich nicht einschüchtern lassen.

Gute Beziehungen sind ein Schlüssel für ein positives Arbeitsumfeld. Eine Beziehung wird im Buch definiert als: "Eine emotionale Verbindung oder ein freundschaftlicher Umgang zwischen zwei Menschen auf der Grundlage von gegenseitiger Sympathie und Vertrauen sowie dem Gefühl, dass die andere Person die eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Sorgen versteht, (Zitat: S.49). Im Umgang mit sich selbst und mit Dritten sollte man generell das Lächeln nicht vergessen. Lächeln öffnet immer Türen, es ist die beste Methode andere für sich zu gewinnen, sofern das Lächeln ehrlich ist. Die Fähigkeit sich klar, kraftvoll, diplomatisch und taktvoll zu artikulieren, ist die Basis für den Aufbau von Beziehungen, (vgl.: S.52).
Man soll sich generell immer den Unterschied zwischen aggressivem und durchsetzungsfähigem Verhalten vor Augen halten. Stets gibt es drei Möglichkeiten, mit anderen Menschen umzugehen: passiv, aggressiv und durchsetzungsfähig, (vgl.: S. 56). Anhand von 15 Punkten werden hilfreiche Tipps aufgelistet, wie man in Gesprächen, Diskussionen und Verhandlungen erreichen kann, dass andere Personen ihr Verhalten ändern. Merken sollte man sich, dass ohne Respekt ein Gespräch niemals erfolgreich sein kann.

Thematisiert wird, wie man seine Beziehungen stärken kann. Das Schlüsselwort ist Wertschätzung.Vier Persönlichkeitstypen werden ausgelotet. Es handelt sich um, den Karrieristen, den Geheimagenten, den Streber, den Ausgebrannten. Erklärt wird sehr genau, wie man mit Menschen des jeweiligen Typus umgehen soll.

Einen Merksatz, den ich für sehr wichtig erachte, möchte ich zitieren; "Zwei Menschen leben niemals in ein und derselben Welt. Menschen, die gut mit anderen kommunizieren können, haben verstanden, dass ihre Sicht der Dinge nicht die gleiche sein muss wie die ihres Gesprächspartners." (Zitat: S. 79)

Positive Neugierde ist ein großes Thema im Buch. Näher erläutert wird, weshalb Neugierde Begeisterung ist, warum man unter Neugierde lernen und lehren versteht, weshalb Neugierde interaktiv zuzuhören, aber auch Spontanität, Lebendigkeit sowie Humor bedeutet und wieso Neugierde heißt, andere neugierig zu machen, wieso Neugierde Spaß machen soll und immer auch Unternehmens- und Chefsache ist, (vgl.: S. 90 -98). Mittels vier nützlicher Strategien erlernt man Maßnahmen zu ergreifen, für mehr Neugierde im Unternehmen.

Wer sich besser durchsetzen möchte, sollte folgende Kriterien im Umgang mit seinen Mitmenschen beachten:
- Sprechen Sie andere Personen mit deren Namen an.
- Geben sie zu, wenn sie unrecht haben.
- Verdeutlichen Sie, dass Sie andere wertschätzen.
- Bekunden Sie aufrichtiges Interesse.
- Schenken Sie Ihrer Mitmenschen aufrichtiges Lob und Anerkennung.
- Halten Sie stets das, was Sie versprechen.
- Zeigen Sie Ihre Dankbarkeit.
- Versetzen Sie sich in die Lage ihres Gegenübers.
- Helfen Sie Ihren Mitmenschen ohne zu zögern.
- Erkennen Sie, dass es sinnvoll ist, bescheiden zu sein.
- Lassen Sie ihre Gegenüber ihr Gesicht wahren.
(vgl.: S. 115-119)

Gefallen haben mir u.a. die Ausführungen zum Business-Knigge. Höfliches Benehmen ist gar nicht zu schwierig. Stoffel und Rüpel setzen sich langfristig nirgendwo durch. Früher oder später werden ihnen die Grenzen aufgezeigt.

Die Überzeugungs- und Verkaufsstrategien sind im Buch gut abgehandelt und auch, wie wichtig in einem Gespräch der Augenkontakt ist.

Der Leser erlernt in diesem Buch u.a. verschiedenen Fragetechniken und welche Strategie man damit verfolgt. Verdeutlicht wird des Weiteren, wie man konstruktiv mit Konflikten umgeht und wie man richtig zuhört, auch wie man positiven Ehrgeiz weckt und schließlich wie an Durchsetzungsfähigkeit auch in Konfliktsituationen bewahrt. Die vielen Aktionsschritte im Buch erachte ich als überaus hilfreich, um das Ziel "sich durchzusetzen", besser realisieren zu können.
Ich möchte zu Ende dieser Rezension den 1955 verstorbenen Dale Carnegie zu Wort kommen lassen, dessen Bücher weltweit über 55 Millionen mal verkauft sowie in 38 Sprachen übersetzt worden sind und der der Vater des "Dale Carnegie Trainings" ist:

"Wenn wir wütend auf andere Menschen sind, dann lassen wir zu, dass sie Macht über uns haben. Macht über unseren Schlaf, unseren Appetit, unseren Blutdruck, unsere Gesundheit und unsere Gesundheit. ..." (Auszüge aus einem Zitat von Dale Carnegie. Seite 253)."Schöpfen Sie Kraft aus den positiven Dingen und lassen Sie sich von den negativen nicht entmutigen."(Zitat: Dale Carnegie: Seite 9)
Empfehlenswert.


Bitte klicken Sie hier auf diesen Link, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch kaufen.






-

Rezension: Berthold Gunster: Ja- aber was, wenn es klappt?

Dem Klappentext dieses lesenswerten Buches habe ich entnommen, dass der Autor Berthold Gunster der Begründer und "Vater" der "Ja-aber-Philosophie" ist, deren Ziel darin liegt, Probleme zu Möglichkeiten zu machen. Der Autor verdeutlicht gleich zu Beginn des Buches, dass all "Ja-abers" das Gefühl vermitteln, jeder Erneuerungs- oder Veränderungsversuch versinke in einem Sumpf von Argumenten, gut gemeinten Warnungen und verständisvoller Kritik. Für den Autor ist "Ja-aber" eine geschlossene Lebenseinstellung, ein Denken in Beschränkungen, Ängsten und in Schwarzmalerei, welches Ausbremsen, Erstarren und Stillstand zum Ergebnis hat, (vgl.: S. 7).

Im Gegensatz zu dieser "Ja-aber" - gibt es allerdings auch noch die "Ja-und-Lebenshaltung", die nicht mit einem Urteil, sondern stets mit einer Frage beginnt. Der Niederländer Berthold Gunster lässt nicht unerwähnt, dass viele Deutsche auf einem "Ja-aber" Hintergund agieren, weil ihre Mentalität (Kontrolle, Kontrolle und abermals Kontrolle) sie diesbezüglich konditioniert hat.

"Ja-aber-Sager" vernichten nicht nur jede Idee, sie ruinieren ganze Betriebe und komplette Industriezweige."

"Ja-und-Sager stellen die Fragen. Sie sehen das Haar und die Suppe."

Das sind erhellende Zitate aus dem vorliegenden Buch, wie ich finde.

Gunster bleibt in seinem Text lebensnah und führt immer wieder Beispiele an, die ich an dieser Stelle allerdings nicht wiedergebe, weil dies den Rahmen der Rezension sprengen würde. Das "Ja-und" ist kein Sich-abfinden, sondern ein Akzeptieren und dieses ist eine aktive Tat des Hingebens. Jeder, der die Wirklichkeit akzeptiert, hat kein Problem mit ihr. Je besser man Tatsachen akzeptiert, um so besser lassen sich Situationen beeinflussen. Auf diesem vordergründig widersprüchlichen Gedanken beruht die Grundidee des Buches, (vgl.: S.19).

"Ja -aber"-Menschen sind laut Gunster nie wirklich für etwas, doch auch niemals wirklich gegen etwas. Im Grund genommen stehen solche Menschen nicht im Leben, sondern sie betrachten es nur. Der Autor unterstreicht, dass Personen dieser Art in ihrer schlimmsten Form Besserwisser und Rechthaber - im Nachhinein sind, (vgl.: S. 20). Menschen, die mit einer "Ja-aber"- Verhaltensweise durchs Leben gehen, haben hohe Erwartungshaltungen und sie nehmen die Realität, erdrückt von Erwartungen, nur bedingt wahr, übersehen Chancen und Möglichkeiten, tun sich mit Entscheidungen nicht leicht und treffen intuitiv zumeist die falsche, stürzen sich sogleich in Aktionismus und gehen übergangslos in die Evaluierung über, (vgl: S. 24). Ja-aber-Haltungen sind die Basis für Berufe wie etwa dem des Buchhalters oder auch des Rechnungsprüfers. Kreativ sein kann man mit einer solchen Haltung nicht.

Ursprung der "Ja-aber"-Haltung ist stets die Angst. Für die "Ja-und"-Haltung hingegen sind Vertrauen sowie Liebe die Basis und Voraussetzung für "Nein-weil" sind es Kontrolle, Misstrauen und ebenfalls Angst. Das Festhalten an Vorschriften (Normen, Absichten, Vereinbarungen) stellt ein typisches Merkmal einer "Ja-aber"-Verhaltensweise dar. Es ist hier nicht die Logik oder der gesunde Menschenverstand, der eine Entscheidung antreibt, sondern es sind die Vorschriften, (vg.: S.36)

Ein weiteres Merkmal ist die Angst vor sozialem Ausschluss, sprich vor Gruppenausschluss. Wer bereit ist, sich nicht immer vor alle fiktiven Risiken zu schützen, gelangt leichter zu einer Ja-und- Haltung und kann sich vollständig den Aufgaben im Hier und Jetzt hingeben. Der Autor fragt: "Kann man aus vollem Herzen Ja zu dem Leben sagen, als ob Sein und Tun dasselbe ist? (S. 59) Man kann. Die Ergebnisse sind mehr als zufriedenstellend.

Das Ja-Gebäude von Berthold Gunster besteht aus 10 Stockwerken:

1) Sag Ja zum Sein
2) Sag Ja zur Wirklichkeit
3) Sag Ja zu diesem Leben
4) Sag Ja zu deiner Intuition
5) Sag Ja zu deinen Fähigkeiten
6) Sag Ja zu deinen Wünschen
7) Sag Ja zu deinen Zielen
8) Sag Ja zu anderen
9) Sag Ja zu allem, was geschieht
10) Sag Ja zum Handeln.


Wir alle wissen, dass am Ende im Leben nichts bleibt. Diese Tatsache ist möglicherweise der Grund, weshalb viele Menschen im "Ich bin" verharren und sich auf diese Weise definieren. Unsere Welt ist nicht statisch. Ein Festhalten am "Ich bin" schafft anhaltendes Leid, weil man auf diese Weise in der eigenen Sinngebung gefangen ist, der Vorstellung von dem, was ist ist. Für Gunster besteht die Kunst jedoch darin, Abstand von sich zu nehmen, ab und an über sich selbst zu schweben und einzusehen, dass wir dieses irdische Leben wie ein großes Spiel mit uns selbst und dem Universum spielen und auch gestalten, (vgl.: S.73).

Der Autor hebt hervor, dass die Basis einer "Ja-und"-Verhaltensweise ein klares Ja zur Wirklichkeit ist. Die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind, bedeutet für ihn sie wahrzunehmen und die Realität des Moments als Tatsache zu akzeptieren. Wenn wir emotional beteiligt sind, nehmen wir schlechter wahr. Das haben Untersuchungen ergeben, (vgl.: S.89). Jeder weiß, was es bedeutet durch die rosa Brille des Verliebtsein zu sehen. :-))

Schritt für Schritt geht Gunster mit dem Leser diese zehn" Sag-Ja-Stockwerke" hinauf. Sehr gut gefallen haben mir seine Ausführungen in puncto Intuition und seine Aussage "Von allen Arten unserer Intelligenz ist Intuition die hervorragendste" (Zitat: S. 127). Natürlich begründet der Autor diese Aussage: "Mit Logik können wir schlussfolgern, technische Probleme lösen oder fehlerfrei eine Überweisung tätigen, aber nur, wenn wir auf unserer Gefühl hören, eine entspannte Haltung annehmen und offen für die - oftmals subtilen- Signale unseres Unterbewusstseins sind, können wir komplexe Fragestellungen intuitiv lösen." ( Zitat.: S. 127)

Alles, was Gunster schreibt, kann ich im Grund nur abnicken. Er hat einfach recht, auch dann, wenn er sagt, dass die Menschen, die ihr Augenmerk mehr auf ihr Potenzial legen als auf ihre Schwächen, eher wachsen können.

Sehr wichtig ist es, andere zu akzeptieren. Je mehr man sich von der Vorstellung verabschiedet, wie die Beziehungen zu unseren Mitmenschen auszusehen haben, gelingt es uns zu begreifen, wie andere sind und genau mit diesem Wissen in der Interaktion mit den jeweiligen Gegenübern zu agieren.

Wer sich entschließt, sich auf die Ja-und Verhaltensmuster einzulassen, wird sehen, dass er weitaus kreativer und effizienter ist als mit Ja-aber-Verhaltensmustern. Die Chance auf Glück und Erfolg nehmen zu. Grund genug sich von "Ja-aber" zu verabschieden, der Wirklichkeit, wie sie ist ins Auge zu sehen und das Beste daraus zu machen.

Goethe brachte es auf den Punkt: "Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen."

Empfehlenswert, weil das Ja-und-Denken eine wirklich gute Lebenshilfe darstellt.
Bitte klicken Sie auf diesen Link, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Produkt kaufen.



Rezension: Geschenke aus dem Garten selbst gemacht

Die Autorin Claudia Költringer hat gemeinsam mit der Fotografin Anneliese Kompatscher ein sehr schönes, reich bebildertes Buch auf den Weg gebracht, mittels dem sie ihre Leser anleiten Geschenke aus dem Garten zu kreieren.

Das Buch ist untergliedert in die Oberbegriffe:
Leckere Geschenke aus dem Garten
Pflegende Geschenke
Kräuter-Porträts

Die leckeren Geschenke unterteilt sie dann abermals in:

Likör und Schnaps
Süße Leckereien
Tee
Essig, Öl und Co.

Die Zubereitung dieser Geschenke wird sehr gut erklärt. Man lernt beispielsweise verschiedene Liköre selbst herzustellen. Bei den Likören handelt es sich um Leckereien wie etwa "Löwenzahn-Orangenlikör", "Rosenblüten-Himbeerlikör", "Holunderblütenlikör" oder "Pflaumen-Zimtlikör". Letzterer ist ein altes Familienrezept. Der Likör eignet sich m.E. als Mitbringsel in den Wintermonaten, weil die Aromen der der kalten Jahreszeit angemessen sind. Plätzchen und Schokolade, in denen der Garten sich spiegelt, lernt man ebenfalls zuzubereiten. Hier gefällt mir die "Veilchenschokolade" sehr gut, die ein hübsches Mitbringsel in der Frühlingszeit darstellt, ein beinahe romantisches wirkendendes Geschenk, wenn man es so verpackt, wie die Autorin es vorschlägt.

Gut gefallen mir die Honig-Kreationen, sprich der Vanillenhonig und der Rosenhonig, die im Glas ein echter Hingucker sind. Neben einigen geschmackvollen Marmeladen gefallen mir auch die Teemischungen und das Glühweingewürz sehr gut. Das Bratkartoffelgewürz habe ich mir selbst zum Geschenk gemacht, allerdings noch etwas getrockneten Knoblauch darunter gemogelt. Die Mischung ist geschmacklich gelungen.

Freunde der mediterranen Küche freuen sich gewiss über "Blütenkräutersalz" als Mitbringsel bei einer Abendeinladung, zumal wenn man dieses hübsch verpackt präsentiert. Ein "Kräuterbuttergewürz" ist das ideale Geschenk für einen Grillabend, an dem mal durchaus auch ein "Rosmarin-Chiliöl" verschenken kann.

Sehr dekorativ sind Glasflaschen mit "Zimtöl mit Orangen" oder "Rosenblütenessig mit frischen Himbeeren" und ein absolutes Highlight sehe ich im "Tomaten-Bärlauchrelish", das aus Tomaten, Rotwein, Zucker, Zitronensäure, Bärlauch, Pfeffer, Thymian und Oreganoblättchen hergestellt wird. Die Autorin sieht in dem Relish eine interessante Beigabe zu Fleisch. Ich finde aber, dass das Relish auch sehr gut zu Frischkäse passt.

Bei den pflegenden Geschenken hat mir das Rezept für "Ringelblumenseife" gefallen, wobei ich zugeben muss, dass mir der Nerv für die Zubereitung von Seifen fehlen würde. Schon eher würde ich die Ringelblumenalbe herstellen, die bei kleinen Hautverletzungen helfen soll. Hübsch sieht ein selbst gemachtes Kirschkernkissen aus, das man bei Magenschmerzen verwenden soll.
Lobend erwähnen möchte ich die 24 Kräuterporträts. Man erfährt jeweils Näheres zu den fokussierten Kräutlein, die in den Geschenken eine Rolle spielen. Beschreibung, Standort, Blüte, Ernte und Verwendung werden thematisiert, so dass man den Beschenkten über das, was ihn gesundheitlich erwartet, gut aufklären kann.

Schenken Sie ihrer liebsten Freundin eine "Sahne-Honigbadecreme". Sie wird sich nach einem anstrengenen Arbeitstag freuen.
Empfehlenswert.


Entweder Broder- Henryk M. Broder, Hamed Abdel-Samad

Dieses wunderbare Buch enthält ein Reihe von Realsatiren, die von dem Journalisten und Schriftsteller Henryk Broder und dem Wissenschaftler Hamed Abdel-Samad in kurzweilig zu lesenden, hintersinnigen Dialogen dem Leser entgegen gebracht werden.

Broder gehört bekanntermaßen dem jüdischen und Abdel-Samad dem muslimischen Glauben an. Beide besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Gemeinsam mit Broders Drahthaar-Foxterrier Wilma begeben sich die Herren auf eine Deutschland-Safari und zwar mit einem alten Volvo, den sie Kurt nennen und der einer bunt bemalten Affenschaukel gleicht.

Auf ihrer Reise fühlen sie mit subtiler Fragetechnik den unterschiedlichsten Leuten auf den Zahn und zeigen das gerüttelte Maß an Vorurteilen und fragwürdiger Ethiknabelschau von Selbstdarstellern auf, die ihnen überall im Land fast die Schamröte ins Gesicht treibt.

Das Buch ist übrigens mit vielen Fotos bestückt, die diese Safari visualisieren.

Wikipedia schreibt im Hinblick auf den Begriff "Safari" u.a. Folgendes: "Safari" ist der gängige Begriff der Swahili-Sprache für eine Reise jeglicher Art. Er fand seit der Kolonialzeit Eingang in die deutsche und englische Sprache der einstmaligen Kolonialherren und wurde dann vor allem zur Bezeichnung einer Jagdreise in Ostafrika verwandt, bei der gewöhnlich Großwild erlegt wurde." (Zitat: Wikipedia)

Tiere wurden auf der Reise nicht erlegt, aber Fotos geschossen und es wurde der ganz normale Wahnsinn, der in der Bevölkerung unseres Landes zu diagnostizieren ist, an netten kleinen Bespielen gut nachvollziehbar skizziert. In Berlin-Rudow erlebt man eine " Polit-Putze", - sie nennt sich selbst so -, die mittels Spraydosen rechtsradikale Symbole und Sprüche auf Hauswänden unleserlich, sich aber damit letztlich der Sachbeschädigung strafbar macht. Ihr Beispiel zeigt, dass es vollkommen sinnlos ist, sich an den Symptomen jedwelcher Art zu schaffen zu machen.

Eine Fete anlässlich des fünften Jahrestages der Eröffnung des "Berliner Holocaust-Mahnmals" lässt Broder nicht zu Unrecht unpässlich reagieren. Es gibt Anlässe, bei denen Feststimmung nicht angesagt ist. Broders Eltern waren in Auschwitz. Wenn er sehr ungehalten bekundet: "der letzte Holocoust ist mittlerweile das Aufmarschgebiet für Adabeis, Busybodies, Partypupser und Wichtigtuer aller Disziplinen", kann ich ihn verstehen und wenn er zynisch fragt: "Also gehen wir jetzt zu der Party oder gehen wir zu meinem Therapeuten", hat er genau den Nerv getroffen, der das Nachdenken anregt.

Beim türkischen Bäcker verwickelt Broder diesen in ein Gespräch, das deutlich macht, dass die jungen türkischen Männer einerseits für sich die westliche Art zu leben gut heißen, aber ihren Schwester dieses freiere Leben nicht gestatten wollen. Broder fasst im Hinblick auf den Bäcker zusammen "An ihm ist einfach nichts mehr muslimisch, er trinkt, er raucht, er hat Sex vor der Ehe, er fährt nicht nach Mekka, er betet nicht". Hamed resümiert: "Aber der Chip ist noch drin." Broder erwidert: "Der Chip ist drin und das Programm auch. Mir kommt es ein bisschen so vor, als hätte man einen neuen Apple- Laptop und der läuft mit einem Betriebssystem von Atari aus dem Jahre 1970."

Dieser Eindruck entsteht noch öfter auf der Reise, ob nun bei Eingeborenen oder bei Zugereisten in unserem Land. In Bayern fotografiert Broder ein Straßenschild auf dem vor einem Pfarrer mit zwei seiner Pfarrkinder gewissermaßen gewarnt wird. Völlig aberwitzig. Hier auch erleben die beiden das Aufstellen des Fruchtbarkeitssymbols "Maibaum" seitens junger, bayrischer Männer und auf dem Oktoberfest sammeln sie Eindrücke im Hinblick auf Toleranz durch ein entsprechend provokatives Outfit.

Hamed Abdel-Samad fragt sich am Ende der Safari, was Stasi-Leute, Neonazis, Friedensbewegte, Christiania-Bewohner und muslimische Fundis gemeinsam haben und liefert dazu eine Antwort, der ich beipflichte. Broder witzelt, dass jetzt ein Preis für Toleranz und respektvollen Umgang fällig sei, weil ein Jude und ein Moslem es 30 000 Kilometer gemeinsam in einem Auto ausgehalten haben

Was die beiden können, müssten andere doch auch schaffen. So schwierig dürfte dies doch letztlich nicht sein, oder? Mit ein wenig Toleranzbereitschaft ist alles möglich. Vor allem Frieden.

Empfehlenswert.



Rezension: Trends und Lifestyle- Holsteinische Schweiz- Probstei -Wagrien-Insel Fehmarn

Der Mittelstand in unserem Land muss gefördert werden, weil dieser für viele Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sorgt und durch die Bankenkrise arg gebeutelt worden ist. Ich lese und rezensiere gerne Bücher der Serie "Trends und Lifestyle", weil in diesen Büchern nicht nur bestimmte Ferienregionen sehr gut beschrieben werden, sondern der Leser auch bestens über hervorragende, kleine, mittelständische Betriebe informiert wird, die keinen großen Ketten angehören und für die es nicht leicht ist, von Reisenden gefunden zu werden.

Der Autor des Buches ist Herbert Hofmann aus Pohnsdorf-Sieversdorf. Die vielen schönen Fotos wurden von Dirk Fellenberg realisiert.

Zu Sprache kommen die Probstei an der Kieler Förde, die Hohenwachter Bucht, der Naturpark Westensee und das Wankendorfer Seengebiet, die Holsteinsche Schweiz, die Lübecker Bucht und Insel Fehmarn.

Ich selbst war einige Male in dieser Region, weil ein Teil meiner Verwandtschaft und ein Freund meines Gatten dort lebt und empfehle einen Besuch diese Gegend gerne. Es ist schön dort.

Gleich zu Beginn liest man von der Probstei an der Kieler Förde, deren Landschaft durch die Kraft der Gletscher geprägt worden ist. Die Gegend zeichnet sich durch sanfte Hügel, idyllische Seen und malerische Dörfer aus. Da die Böden dort sehr fruchtbar sind, konnte sich hier die Kornkammer Schleswig-Holstein entwickeln. Erwähnt wird der breite, flache Sandstrand der Kieler Förde, wo man an Orten wie Laboe dem Badevergnügen nachgehen kann. In der genannten Region lernt man u.a. einen Obstbauern mit Hofladen, auch eine Goldschmiedin, die in Kiel ihr Atelier betreibt und immer wieder Gehöfte, die hochwertige Produkte erzeugen und in Hofläden selbst vermarkten, kennen.

Interessant auch ist die die Region "Hohenwachter Bucht", mit dem Seebad Hohenwacht und dem historischen Naturreservat "Village Schloss Weissenhaus". Hier finden unterschiedliche Musikfestivals statt. Tausende von Musikliebhabern treffen sich dort, um bei gepflegtem Ambiente Musik zu hören. In jener Region lernt man u.a. das Atelier des Malers Henning Rethmeier näher kennen, für den seine Abkehr von der gegenständlichen Malerei als Drang in die Farbe hineinzugehen, interpretiert wird.

Im "Naturpark Westensee und Wankendorfer Seengebiet" habe ich in den 1970er Jahren gemeinsam mit meinem Cousin und dessen Freunden Silvester gefeiert. Daran erinnere ich mich sehr gerne. Das Naturgebiet Westensee liegt sehr abgeschieden und ist wirklich ein Geheimtipp, wenn man die Ruhe sucht. Ich lese, dass im beschaulichen "Wankendorfer Seengebiet" sich die ZEN -Verreinigung Deutschland ihr Refugium gesucht hat. Das kann ich gut verstehen.

Wer Kinder hat, sollte es nicht verabsäumen, das Zentrum für alte Haus- und Nutztierrassen in Warder zu besuchen. Dieses Zentrum ist eine Arche für 700 Tiere. Der leidenschaftliche Tierschützer Dr. Dr. Kai Frölich möchte ein "Europäisches Wissenszentrum für die Entwicklungsgeschichte der Haustiere " aufbauen.

Die Holsteinische Schweiz lernt man kennen und erfährt, dass sich dort die Orte Bosau, Bösdorf, Dersau, Eutin, Grebin und Plön zur "Tourismuszentrale Holsteinische Schweiz" zusammengeschlossen haben. Die Natur in der Region wird geprägt von Seen, die vor 12 000 Jahren entstanden sind und von Flüssen und Bächen, Auen sowie Wäldern, das ein Paradies für Fahrradfahrer darstellt. Auf dem Heuboden des Anwesens von Brigitte und Hans Weiß in Wahlsdorf finden hochkarätige Konzerte und Veranstaltungen statt. Informiert wird man auch über den Künstler Jens Peter Mardersteig, dessen Vielseitigkeit sich in einem komplexen Oeuvre zeigt. Genannt werden: Poetische Texte, theoretische Texte, ungegenständliche "neokonkrete" Malerei und gegenständliche Arbeiten auf Papier, (vgl.: S.80).

"Gut Immenhof" in Bad Malente lernt man kennen, auf dem in den 1950er Jahren der Film "Die Mädels vom Immerhof" gedreht wurde und auch die Stadtbäckerei Eutin sowie die Johannisloge "Zum Goldenen Apfel" in Eutin, die 1771 gegründet wurde. In diesem Zusammenhang erfährt man Näheres über die Freimaurer und deren Ziele, die in Selbstvervollkommnung, das bewusste Auf-sich-Achten, beispielsweise bei Gesprächen und der Förderung von ethischen Werten als Grundlage des menschlichen Miteinanders gilt.

Es werden einige schöne Hotels vorgestellt und man wird auch über die Lübecker Bucht informiert, bevor man die Insel Fehmarn näher kennenlernen darf und dort auch das Meereszentrum.
Das Buch ist eine sehr schöne Erweiterung zu herkömmlichen Reiseführern und wird kleinen mittelständischen Unternehmern und Künstlern gerecht, die man, wie ich meine, beim Shoppen als Urlauber eher unterstützen sollte als die großen Ladenketten auf der vormals grünen Wiese, durch die die Innenstädte und Dörfer immer mehr an Reiz verlieren.

Empfehlenswert.


Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.

Rezension: Früher war alles besser. Ein rücksichtsloser Rückblick

Das vorliegende Buch enthält Texte (Begriffsdefinitionen) von Henryk M. Broder, Josef Joffe, Dirk Maxsteiner und Michael Miersch. Diese alphabetisch geordneten, beinahe in Form von Essays gestalteten Begriffsdefinitionen befassen sich mit Personen, Dingen, Sachverhalten und Denkkonstrukten, welche Personen, die älter als 50 Jahre sind, noch gut in Erinnerung haben, sofern sie nicht an Gedächtnisschwund leiden. Die Texte zeichnen sich durch Toleranz und Augenzwinkern aus und sind frei von Zynismus oder Sarkasmus gegenüber Absonderlichkeiten vergangener Tage, die gottlob ohne Wehmut betrachtet werden. Werturteile werden großzügig dem kleingeistigen Leser überlassen.

Die Lebenseinstellung der Vorachtundsechziger macht sich nicht zuletzt am Begriff "Ehehygiene" fest, die natürlich mit der sexuellen Revolution beantwortet werden musste. Broder, Jahrgang 1946, berichtet von einer Zeit, wo selbst unter Eheleuten nicht über Sex gesprochen wurde, sich dieser im Dunkeln und zwar in tiefgekühlten Schlafzimmern ereignete. Wollte man etwas über Geschlechtsverkehr und Fortpflanzung erfahren, war man auf die wenigen Aufklärungsbücher angewiesen, die sich mit dem Paarungsverhalten von Bienen, Barschen und Quallen auseinandersetzten, (vgl.: S.56). Ich war 1967 noch ein Kind und durfte den Film "Helga - Vom Werden des menschlichen Lebens" noch nicht sehen, den Broder erwähnt, erinnere mich aber wie über den Film gesprochen wurde, weil die "Film- Helga" eine Namensvettern von mir war und man in der Verwandtschaft Bedenken anmeldete, was aus mir bei diesem gebrandtmarkten Namen später mal werden würde. Nachdem ich im Rahmen des Begriffs "Ehehygiene" lese, worum es in dem Streifen ging, muss ich mich sehr über die Aufgeregtheiten wundern. Übrigens gelingt es Broder auf zwei Seiten sehr gut die Einstellung zur Sexualiät, die bis in die 70er Jahre hineinreichte, zu skizzieren, ohne sie als solche zu werten.

Man liest auch immer wieder von Speisen aus längst vergangenen Tagen, wie etwa "Falscher Hase", "Fondue", "Toast Hawaii", "Kalter Hund", "Käse-Igel", "Ragout fin", "Soleier" und von der Bezeichnung "Fräulein", die von den Feministinnen abgeschafft wurde und die einst im Büro mit Vorliebe eine "Klappstulle" aß. Josef Joffe schreibt davon, dass es ein emanzipatorisches Wagnis (feststellend nicht wertend) war, als Frau in den 50er und 60er Jahren Hosen zu tragen und Franke Levi Strauss mit den Jeans, die nach 1945 die Welt überschwemmten, letztlich der wahre Vater der Emanzipation sei. Ein bemerkenswertes Deutungsmuster. :-))

Gefallen hat mir Josef Joffes Begriffsdefinition für "Hüft- oder Strumpfhalter" (heute : Strapse), dem man- das schreibt Joffe allerdings nicht-, bereits als Kind in Form eines "Leibchens" trug, welches mich zumindest furchtbar abnervte. Ich zitiere: "...damals physikalisch notwendiges Accessoire, das die Strümpfe hochhielt, heute frauliche Konzession an Männerphantasien. Die die Trägerin als lästig und ebenso drückend empfindet." Herr Joffe scheint wirklich ein Frauenversteher zu sein. :-))

Michael Miersch kündigt das Aussterben der Intellektuellen in unserem Lande an, die ihren Status jahrelang damit rechtfertigten, Wächter zu sein, die aufpassen, dass die Deutschen nicht wieder durchdrehen und zur braunen Horde redigieren. Er konstatiert, dass der Wächterjob nicht mehr viel hergibt, seit die Mehrheit der Bevölkerung friedlich, tolerant und demokratisch geworden ist und sich bei den Themen, die heute für neue Erregungsmomente sorgen, die Reihen immer mehr lichten. (vgl.: S.98 -99). Dass der Kulturverfall nur wenige selbst ernannte Intellektuelle berührt, kann ich, dies nicht werten wollend, bestätigen.

Josef Joffe vergisst nicht zu erwähnen, dass es heutzutage in Deutschland keine Kindergärten mehr gibt, man diese nur noch im Ausland begrifflich vorfindet. In unserem Land gibt es nunmehr "Kitas". Die Kinder sind begrifflich verschwunden. Nicht zu Unrecht fragt Joffe: "Was kann schöner sein als die Kombo von Kind und Garten?"(vgl.: S. 105).

Broders Definition des "Liedermachens" finde ich überaus amüsant. Er vermutet, dass der erste Liedermacher Walter von der Vogelweide war und begründet dies auch. Anschließend schreibt er weiter: "Nach Walther von der Vogelweide war erst mal Pause, denn die Welt hatte Wichtigeres zu tun, als Minnegesängen zu lauschen. Erst musste Amerika entdeckt, der Buchdruck erfunden, der Dreißigjährige Krieg ausgefochten, die Französische Revolution zu Ende gebracht und das Wiener Schnitzel patentiert werden, bevor es mit den Liedermachern weitergehen konnte" (S.121). Später erinnert Broder an die Liedermacher auf "Burg Waldeck" in den 60er Jahren und zitiert das österreichisches Original Dr. Dr. Dr. Rolf Schwendter, von dem der Satz stammt: "Die Maturantinnen sind alle Masturbantinnen." Nun ja, Sexreporte aus jenen Tagen kommen zu anderen Ergebnissen. Der Vielfachdoktor hatte offenbar Zukunftsvisionen. :-))
Der "Pettycoat" und der "Minirock" sind Themen im Buch, auch das Poesiealbum, das heute durch Facebook ersetzt worden ist und schließlich auch die "Prügelstrafe", die in Westdeutschland erst 1973 gesetzlich abgeschafft wurde. Allerdings erklärte das Bayrische Oberste Landgericht "ein gewohnheitsrechtliches Züchtigungsrecht" weiterhin für legal. Man schrieb bereits das Jahr 1980 als der letzte bayrische Lehrer auf die Watschn als pädagogisches Instrument verzichtete (vgl.: S.150). Miersch schreibt zu Recht, dass sich diesbezüglich die Zeiten gebessert haben. "Niemand hat heute noch Verständnis für Sadisten im Schuldienst und prügelnde Eltern." (S.151).

Schallend gelacht habe ich als ich Broders begriffliche Ausführungen zu Marcuses "Repressiver Toleranz" gelesen habe, von der er mutmaßt, dass es sich um einen bloßen Vertipper handelt und eigentlich "Depressive Toleranz" heißen sollte. Broder zeigt sehr schön an Beispielen auf, wie die Vertreter der "Frankfurter Schule" in ihren Betrachtungen mit zweierlei Maß gemessen haben und dass ihnen sophistische Deutungsmuster nicht fremd waren. Seine Begründung, weshalb sich im Hier und Heute die "Repressive bzw. Depressive Toleranz" vermutlich vollständig durchgesetzt hat, können sie auf Seite 160 nachlesen. Lach.

Sehr gelungen auch ist die Begriffsdefinition zum "Deutschen Schäferhund", zur "Sonntagskleidung", zum "Tropfenfänger" und zum "Wohlstandbauch", der heute eine soziale Provokation darstellt, wie jeder weiß. Das aber war nicht immer so. Essen ist halt mittlerweile zu einem "falschen Bedürfnis" geworden.

Empfehlenswert.



Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.