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Rezension: Sprengsatz unterm Küchentisch- Ingrid Müller-Münch

Dieses Buch der klugen Journalistin und Autorin Ingrid Müller-Münch befasst sich mit einem Thema, das in zukünftigen Generationen kein Problem mehr darstellen sollte, denn so wie die Dinge sich entwickeln, werden aufgrund des mittlerweile höheren Intelligenzquotienten und der besseren Ausbildung junger Frauen (bitte nicht als Provokation betrachten. Es liegen entsprechende Untersuchungsergebnisse vor) zukünftig immer häufiger die Rollen in Partnerschaften anders gewichtet sein.

Müller-Münch befasst sich nicht grundlos mit der Problematik, die sich derzeit daraus ergibt, wenn eine Frau ihren Mann und die Familie finanziert, denn mittlerweile werden bereits 20% der Privathaushalte, die aus mehreren Personen bestehen, vorrangig von Frauen materiell getragen. Nicht einfach für Adam und Eva damit fertig zu werden, denn die alten Rollenklischees sitzen tief und belasten vielschichtig die Psyche der irritierten Protagonisten.

Die Autorin hat ihr Buch in 11 Kapitel untergliedert. Jedem Kapitel hat sie ein längeres Zitat aus dem Brockhaus Konversationslexikon, 14. vollständig neubearbeitete Auflage, 1898, Stichwort "Frauenfrage" etc.  vorangestellt. Dabei hat Müller- Münch breitangelegt für das Buch recherchiert, mit Wissenschaftlern kommuniziert, Interviews realisiert und zeigt in ihren Texten viele Schräglagen in dem problembeladenen Thema auf. Zudem stellt sie Paare vor, die versuchen "mit der Umkehr der Geschlechterverhältnisse in ihren Beziehungen klarzukommen."

In Ostdeutschland scheinen die Frauen, die Haupternährerin in einer Beziehung sind, besser mit dieser Gegebenheit umgehen zu können als im Westen, was wohl mit der historischen Entwicklung in beiden Landesteilen zu tun hat. In Westdeutschland ging es, wenn überhaupt immer nur um das "Zuverdienerinnen-Modell". Das Haupteinkommen erbrachte der Mann. Aufgrund der Veränderungen im Erwerbsleben (Männer heute werden rascher arbeitslos als noch vor einigen Jahren) greift dieses Modell  nun nicht mehr immer.

Wie die Autorin recherchieren konnte, scheint es für Mann und Frau nach wie vor schwer ertragbar zu sein, wenn Adam von Eva finanziert wird. Dies funktioniert nur dann, wenn sehr günstige Bedingungen vorliegen und der Ausbildungsstand beider eher hoch ist, so dass man sich den Sachverhalt bewusst machen kann. Es muss, um dies Sache erträglich zu gestalten, ein Ausgleich geschaffen werden. Das ist klar, weil ansonsten Männer in schwere Depressionen geraten, da sie sich als unmännlich empfinden und sich dies übrigens dann negativ auf die Libido auswirkt.

Das Ansehen eines Mannes in der Gesellschaft wird geprägt durch Eigenschaften wie Standfestigkeit, Tatkräftigkeit, Rechtschaffenheit, Unbeugsamkeit und Verlässlichkeit, des Weiteren durch Opferbereitschaft, Selbstdisziplin und das Ertragen von Schmerzen. (S. 105). Diese Eigenschaften finde ich persönlich fast alle sehr löblich und meine, dass sie auch bei veränderten Rollen beibehalten werden sollten. Sie stehen nicht im Widerspruch zu neuen Funktionen in einer Beziehung, in der die Frau das Geld vorrangig verdient.

Die Zahl der berufstätiger Akademikerinnen erhöhte sich zwischen 1991 und 2004 um 70% , (vgl.: S.117). Frauen sind eindeutig auf der Überholspur. Trotz allem möchten junge Frauen beruflichen Erfolg und Karriere unter einen Hut bringen, was alles andere als einfach ist. Die Autorin zeigt die Entwicklung, die Frauen im letzten Jahrhundert durchlebten. 1977 wurde das BGB dahingehend geändert, dass ein Ehemann die Erwerbstätigkeit seiner Frau nicht mehr verhindern konnte. Man stelle sich dies vor und heute ernähren 20% der Frauen in Beziehungen bereits von ihrer Erwerbstätigkeit die gesamte Familie.

Setzt sich der Trend weiter fort, ist für alle ein Umdenken angesagt. Alte Klischees müssen aus den Köpfen von Frauen verschwinden, wie ein "Traummann" beschaffen sein sollte und Männer müssen lernen, ihren Selbstwert auch aus anderen Tätigkeiten als der Erwerbsarbeit zu ziehen. Derzeit haben die meisten Frauen noch erhebliche Probleme mit einem Mann eine Beziehung einzugehen, den sie ernähren müssen. Wenn ihr Einkommen es zulässt,  Adam und die gemeinsamen Kinder zu stemmen, spricht eigentlich nichts dagegen, sofern der neue Adam den Haushalt erledigt.

Nach Studienergebnissen von Peter Blossfeld, die die Autorin erwähnt, haben Frauen, die jünger sind als 29 Jahre  oder eine höhere Ausbildung haben, ein geringeres Problem damit, wenn ein Mann weniger verdient als sie selbst. Insgesamt sind es aber erst ein Drittel der Frauen, die mit einer solchen Gegebenheit zu Recht kommen. Hier gilt es umzudenken, denn die Zeiten ändern sich durch die immer bessere Ausbildung von Frauen.

Männer empfinden offenbar nach wie vor Hausarbeit als soziale Deklassierung. Hier muss natürlich ebenfalls ein Umdenken her, wenn immer mehr Frauen in Zukunft die Ernährerrolle übernehmen werden. Ich staune, wenn ich lese, dass nach fünfzehn Jahren Beziehung in 85 Prozent der Ehen die Frau noch immer komplett die Hausarbeit und sich die Rollenverteilung der Hausarbeit "wie in Beton gegossen" erweist. Bei veränderten Rollen in der Erwerbstätigkeit müssen sich logischerweise auch die Rollen in der Hausarbeit verändern. Hier bedarf es klarer Abmachungen im Vorfeld von Beziehungen.

Bis in 2050 kommen auf 100 Männer mit Studienabschluss 140 ebenso ausgebildete Frauen. Der Ausbildungsstand der Frauen insgesamt wird den der Männer bei Weitem überflügeln, das wird eine Veränderung in der Rollenverteilung geben, auf die Männer und Frauen vorbereitet sein müssen, wenn sie sich auf gleicher Augenhöhe begegnen wollen.

 Empfehlenswert.

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http://www.klett-cotta.de/buch/Partnerschaft/Sprengsatz_unterm_Kuechentisch/35817

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