Der Wirtschaftsjournalist und Bestseller-Autor Günther Ogger hat ein neues Buch vorgelegt. Hier geht er der ketzerischen Frage nach, welche Art von Moral es sei, die im 21. Jahrhundert alles andere dominiere? Seine Befürchtung geht dahin, dass diese neue Moral dazu dient, den Bürger zu überwachen und zu kontrollieren und auf diese Weise demnach seine Freiräume immer mehr einzuschränken.
Im Rahmen von 12 Kapiteln versucht der Autor dem Leser sein Anliegen nahe zu bringen und führt eine Vielzahl von Beispielen an, die kennzeichnend sein sollen für diese von ihm ausgemachte neue Moral.
Ein gutes Gefühl hatte ich beim Lesen dieses Buches nicht. Alle Informationen, die mir seit Jahren entgegengebracht werden, durchaus von sehr kritischen Köpfen, alle persönlichen Erfahrungen, die ich gemacht habe, zeigen mir nur eines: Wir leben noch immer in einer extremen Gier-Gesellschaft. Regeln und Gesetze, die das kriminelle Gier-Verhalten eindämmen, halte ich für überaus notwendig, den ethisch-moralischen Überbau dazu ebenfalls und ich denke nicht, dass hierzulande die wirtschaftliche, kulturelle und technische Weiterentwicklung blockiert wird, wenn man sich dem Guten verpflichtet fühlt.
Gerade gestern habe ich das sehr empfehlenswerte Buch "Die Kinderkrankmacher" rezensiert, das zeigt in welcher Weise die Pharmaindustrie ihr Kundenklientel "erweitert". Mir scheinen moralische Appelle in diesem Fall angesagt. Von einer moralischen Überforderung der entsprechenden Firmen kann nicht gesprochen werden, wenn diesen Methoden der Gewinnmaximierung Einhalt geboten wird.
Mir behagt es nicht, wenn von einer Diktatur der Moral die Rede ist und mir gefällt auch der Zynismus nicht, wenn ich lese "Die Firmen sollen auf jede Form von Korruption, Betrug und Täuschung verzichten, ihre Mitarbeiter nach Tarif bezahlen und deren hohe Sozialstandards (vom Kündigungsschutz bis zum Urlaubsgeld) mitfinanzieren, die vielfältigsten Steuern und Abgaben abführen, gleichzeitig ihre Luft-, Lärm und Abwasseremissionen minimieren sowie sämtliche Lieferanten und Geschäftsvorgänge auf ethische Unbedenklichkeit überprüfen. So kann man vielleicht ein Kloster führen, aber kein Geld verdienen."
Zudem mag ich den abfällig verwendeten Begriff "Gutmensch" nicht. Er sollte, falls noch nicht geschehen, zum Unwort des Jahres 2015 erklärt werden.
Trotz allem ist das Buch informativ und aufschlussreich. Ob das "Gute in unserer Gesellschaft mittels Moral blockiert wird, möchte ich bezweifeln. Gewiss ist, dass eine Gemeinschaft ohne Moral nicht existieren kann und dass es gut ist, in einem Rechtsstaat und nicht in einer Bananenrepublik zu leben, auch wenn dies windigen Geschäftemachern nicht gefallen mag und sie den Rechtsstaat am liebsten zu ihren Gunsten aushebeln möchten.
Ein informationsreiches Buch. Lesenswert.
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