Die Autorin Michaela Vieser und die Illustratorin Irmela Schautz stellen in diesem Buch textlich und visuell (mittels witziger Illustrationen) ausgestorbene Berufe vor. Es handelt sich bei diesen Berufen um folgende: Abtrittsanbieter, Allesschlucker, Ameisler, Amme, Bänkelsänger, Fischbeinreißer, Fullone/Urinwäscher, Kafferiecher, Kammertürke, Hofmohr, Inselindianer, Köhler, Lichtputzer, Lithograph, Lumpensammler, Märbelpicker, Paternostermacher/Bernsteindreher, Quacksalber, Rohrpostbeamtin, Rosstäuscher, Sandmann, Scharfrichter, Sesselträger, Silhouettenschneider, Wanderprediger und Zeidler.
Frau Vieser beschreibt die jeweiligen Berufe mit knappen Worten, benennt deren wesentliche Kennzeichen und die aktive Zeit, in der die besagten Berufe ausgeübt wurden. Anschließend erzählt sie die Alltagsgeschichte der Berufe und fügt Anekdoten und Dokumente in diese Geschichten ein. Beigegeben ist immer eine farbige Illustration vom Irmela Schautz, die textlich kurz erläutert wird.
Die exotischen Lakeien an fürstlichen Höfen während der Barockzeit prägten die folkloristische Vorstellung im Hinblick auf Schwarze, Indianer und Türken in Europa für lange Zeit. Zur Entourage der barocken Fürstenhäuser zählten neben Zwergen und Riesen, Kammertürken, Hofmohren und Inselindianer. Die osmanischen Männer machte man zu "Kammertürken", die für das Sieden von Kaffee, das Bedienen bei Tisch, für Botengänge und dererlei Dinge zuständig waren. Man kleidete sie in Pluderhosen und Kaftan. Ähnlich wie mit den "Beutetürken" ging man mit den Schwarzen und Indianern vor. Die Autorin berichtet in diesem Zusammenhang von Angelo Soliman (1721-1796), dem wohl berühmtesten Hofmohr Wiens. Er war der Kammerdiener der Fürsten von Liechtenstein und begleitete seinen Herren auf Audienzen und Feldzügen. Soliman wurde 1781 sogar in die Wiener Freimauerer-Loge aufgenommen. Dieser Loge gehörte auch Haydn und Mozart an, (vgl.: S.87). Kammerdiener, Inselindianer und Hofmohren erhielten ein volles Gehalt für ihre Dienste und waren offenbar keine Leibeigenen. Immerhin.
Es führt zu weit, hier alle Berufe kurz zu skizzieren. Die Mentalität der Rosstäuscher hat sich bis zum heutigen Tag in anderen Berufen erhalten, nicht zuletzt in dem des windigen Verkäufers unterschiedlichster Produkte. Das Erkennungszeichen eines Rosstäuschers ist Redegewandtheit.
Sich in einer Sänfte von A nach B schleppen zu lassen, bedarf einer gewissen Mentalität, die Humanisten in allen Jahrhunderten fremd gewesen sein dürfte.
Eine kurzweilige Gute-Nacht-Lektüre, die verdeutlicht, dass die Zeiten sich zwar stets ändern, doch wir uns nicht immer mit ihnen, denn die Scharfrichter und die Rosstäuscher sind leider immer noch nicht wirklich ausgestorben, ebenso wenig wie die Quacksalber und die Allesschlucker...
Empfehlenswert.
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