Wann entsteht Wohlbefinden? Wenn es mehr intensiv erlebte positive Emotionen, Gedanken und Ereignisse gibt als negative." (Zitat: Michael Kobbeloer, S.71).
Michael Kobbeloer, der Autor dieses Buches, das keineswegs nur Eltern, Lehrer, Wissenschaftler und Politiker lesen sollten, befasst sich mit dem Thema emotionales Lernen.
Sein Werk enthält neben Eingangsbetrachtungen zehn Kapitel, in denen er seine 10 Thesen jeweils ausführlich erörtert und zum Schluss ein Fazit aus allem zieht. Jedes Kapitel beginnt mit einem oder mehreren klugen Zitaten, die den Leser bereits erahnen lassen, worum es geht und welch Geistes Kind der Autor ist, noch bevor man sich ausgiebig mit dessen Lernmethoden befasst hat.
Wie Kobbeloer hervorhebt, wird der positive Umgang mit Emotionen im Privat- und Berufsleben, beim Lernen und im Umgang mit anderen Menschen mit Erfolg belohnt, während der negative Umgang nicht selten zum Gegenteil führt. Hunderte von Emotionen bzw. emotionalen Zuständen gibt es, so der Autor. Es werden einige Basisemotionen genannt, die weitere emotionale Zustände beinhalten, zudem wird auf Stimmungen hingewiesen, die länger oder kürzer andauern als besagte Basisemotionen. Soll Bildung ganzheitlich sein, so muss man den gesamten Menschen berücksichtigen und damit natürlich auch seine Emotionen.
Ich liste an dieser Stelle zunächst die Thesen auf, um dann auf die Inhalte näher einzugehen. Diese Vorgehensweise soll Ihnen einen ersten Überblick verschaffen, worum es dem Autor konkret geht.
These 1: Die gefühlte Temperatur des Bildungssystems ist eisig
These 2: Emotion erhöht die Lerntemperatur
These 3: Lernende verursachen den Lernkurzschluss im Kühlschrank
These 4: Unterkühlung- Lernende sind in emotionaler Gefahr
These 5: Das Tiefkühlfach- Bildungsmanagement führt in emotionale Kälte
These 6: Eltern, wärmt eure lernenden Kinder!
These 7: Lernräume sind kalt und emotionslos
These 8: Emotionale Kompetenz ist die "warmhaftige" Schlüsselkompetenz
These 9: Emotionale Kompetenz von Anderen zu lernen- bedeutet den Stecker zu ziehen
These 10: Der Lern-Kühlschrank muss abgetaut werden.
Obschon Kobbeloer zum Schluss ein Fazit aus all seinen Thesen zieht, bietet er dem Leser nach jedem Kapitel ein Zwischenfazit zur Bewusstwerdung des Sinns seiner emotionalen Lernmethoden. Ich selbst hege an diesen Lernmethoden keine Zweifel, weil ich im Laufe meines Studiums viele Nachhilfeschüler (zumeist in Latein) zur Lernerfolgen mit entsprechenden Lernmethoden verholfen habe, d.h. die emotionalen Aspekte niemals außer Acht ließ.
Es ist schon erstaunlich, dass sich Begriffe wie "Freude", "Lernfreude" oder "Emotion" nur im Berliner Schulgesetz und in Passagen des Schulgesetzes von NRW wiederfinden, wo die Freude eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass man sich ausgiebig mit dem Gegenstand des Lernens freiwillig befasst.
Noch immer schaffen 50 000 Kinder ihren Schulabschluss nicht, nach wie vor sei die Schule das Spiegelbild der Fabrikkultur aus dem Industriezeitalter (vgl.: S.34). Es mangele an Kreativität, Eigeninitiative und Leidenschaft, diese Eigenschaften können nur gedeihen, wenn Schüler und Lehrer sich wohlfühlen. Nur dann könne diesen neuen Fähigkeiten zum Durchbruch verholfen werden. Es geht darum, dass Schüler Ideenreichtum entwickeln, denn von diesen hängt die Zukunft der Gesellschaft ab.
Der Autor macht klar, weshalb in Emotionen stets ein Handlungsansatz vorhanden ist und erläutert, was sich im Gehirn abspielt im Hinblick auf Emotionen, zudem zeigt er, wie das Lernen im Gehirn funktioniert. Nachhaltiges Lernen ist offenbar nur möglich, wenn man den Sinn erkennt. Wer also Leistung möchte, sollte Sinn anbieten, daran jedoch mangelt es zumeist.
Kobbeloer erwähnt immer wieder Gerald Hüther, der wissenschaftlich nachgewiesen hat, dass Lernprozesse dann am besten gelingen, wenn die Lernenden erfahren, dass Bildung einen Wert hat, dass sie die Chance erhalten, die Welt aktiv mitzugestalten, dass sie Freiräume erhalten, kreativ zu sein, dass sie nicht überfordert werden, dass sie Schwierigkeiten und Probleme selbstständig zu lösen vermögen und auch mit dem jeweiligen Bedürfnissen und Wünschen wahrgenommen werden. Offenbar hängt dies alles damit zusammen, dass das Gehirn am besten funktioniert, wenn es Probleme lösen darf, (vgl.: S. 60).
Man erfährt in der Folge wie man erfolgreich emotional lernen kann und wundert sich eigentlich, weshalb sich diese sinnstiftenden Methoden noch immer nicht überall herumgesprochen haben. Der Autor erläutert was die Schulunlust steigert und was die Zusammenarbeit mit Schülern verbessert, schreibt über Stress, Angst, Gewalt und Schulverweigerung. Wie überall, wo etwas gut gedeihen soll, ist Vertrauen und damit Angstfreiheit und ein gutes Klima notwendig.
Aufgelistet sind u.a. acht Faktoren der emotionalen Selbstwirksamkeit von Erzieherinnen und Erziehern, die man als Erziehender wirklich selbstkritisch beleuchten sollte und genannt werden zudem die fünf Regeln (nach Andreas Zeuch), wonach sich Unternehmen und wohl auch Schulen garantiert auf Misserfolg programmieren. Für den Autor ist es keine Frage, dass Emotionen aus der Tabuzone in Schulen herausgeführt werden müssen, denn nur so ist eine Veränderung zum Positiven möglich.
Auch Eltern sollten sich um emotionale Kompetenz bemühen, die für das Familienklima notwendig ist. Es ist einfach klar, dass emotional intelligente Eltern Vorteile beim Lernen in der Schule bieten können. Um wirklich erfolgreich lernen zu können, benötigt man ein liebevolles, ausgeglichenes, motivierendes Umfeld. Nicht grundlos erwähnt Kobbeloer Stanley Greenspan, der den zielführenden Satz formulierte "Bindung geht Bildung voraus", (S.125). Es geht um emotionale Stabilität. Diese entsteht, wenn Gefühle gezeigt werden dürfen und Eltern emotional kompetent sind.
Der Autor schreibt u.a. auch über Lernräume, die nicht kalt und emotionslos sein sollten und führt Aspekte, die den räumlich-emotionalen Bildungsraum prägen, an. Die vier Säulen des Konzepts "Bauen für Geborgenheit" überzeugen mich, ebenso wie die vielen realistischen Verbesserungsvorschläge, die in dem Buch angeführt werden.
Es ist einfach wahr, dass die emotionale Kompetenz die "warmhaftige" Schlüsselkompetenz darstellt. Der Zustand des Flow ist erreichbar für alle Schüler, wenn die emotionalen Bedingungen stimmen. Gezeigt wird, was geschieht, wenn die emotionale Kompetenz nicht vorhanden ist und auch wie sich meta-emotionale Lehrende verhalten. Es geht darum, Gefühle anderer zu entschlüsseln und zu verstehen, achtsam zu sein und zu motivieren.
Jeder, der einen Funken emotionales Gespür aufweist, begreift sofort, dass man die Neugierde und Lernfreude von jungen Menschen nur dann wirklich stärken kann, wenn ein emotionsgünstiges Schul- und Klassenklima vorhanden ist. Lachen und Humor fördern Kreativität und Fantasie und diese ist für eine erfolgreiche Zukunft jedes Einzelnen und der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit ungemein wichtig, weil ansonsten nur die Kreativität des Gestern verwaltet wird und was dies für uns alle bedeutet, dürfte klar sein.
Ein gelungenes Buch, dessen detailreiche Tiefe man in einer Rezension leider nicht ausführlich darstellen kann.
Sehr empfehlenswert.
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