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Rezension:Eidesbruch: Ärzte, Geschäftemacher und die verlorene Würde des Patienten (Gebundene Ausgabe)

"Wo das Bewußtsein schwindet, dass jeder Mensch uns als Mensch etwas angeht, kommen Kultur und Ethik ins Wanken. Das Fortschreiten zur entwickelten Inhumanität ist dann nur noch eine Frage der Zeit." 
(Albert Schweitzer).

Dr. med. habil. Michael Imhof ist selbstständiger Gutachter für medizinische Behandlungsfehler. Zuvor war er an der Chirurgischen Universität Würzburg tätig und dort auf Tumorchirurgie spezialisert.

In seinem neuen Buch "Ärzte, Geschäftemacher und die verlorene Würde der Patienten" bestätigt er all das, was ich schon seit langem vermute. Geldgier, Korruption und Habsucht hat zu den ethischen Dammbrüchen in der Medizin geführt. Wie sich diese darstellen, thematisiert Dr. Imhof u.a. in seinem Werk, das sich nicht für Muse-Stunden eignet.

Der Autor hat sein Buch in drei große Teile untergliedert 
It from bit: Innenansichten der modernen Medizin 
Die sieben Todsünden der modernen Medizin 
Die moderne Medizin- ein Abgesang und ein Aufruf 

Ich muss zugeben, dass ich zunächst zögerlich den ersten Teil des Buches gelesen habe, weil ein sehr guter Studienfreund derzeit schwer an Krebs erkrankt ist und ich von dem entsetzt bin, was ich bei Imhof lese. Weltweit erkranken jedes Jahr etwa zehn Millionen Menschen an Krebs. Imhof schreibt, dass sich bis 2030 die Zahl auf 26 Millionen erhöhen soll und dann 17 Millionen Menschen im Jahr an Krebs sterben. Noch immer gebiete die Macht dieser Krankheit Demut. Nach wie vor werden die Patienten zum Großteil mit Medikamenten behandelt, die nicht wirksam sind. Nicht selten sind die Patienten hinterher kränker als zuvor. Es sei das unüberschaubare komplexe Zusammenspiel von oftmals Hunderten von Mutationen, die die Biodynamik des Tumorwachstums und insofern auch sein mögliches Ansprechen auf eine spezifische Therapie bestimmen, (vgl.: S.25).

Dr. Imhof schreibt nicht nur über die Sprachlosigkeit der modernen Medizin und über den Menschen im dortigen neuen Weltbild, sondern bringt sehr dezidiert die sieben Todsünden der modernen Medizin zur Sprache, dabei beginnt er mit der Kommerzialisierung von Krankheit und Leiden und zeigt wie das Krankenhaus als Profit Center agiert. In deutschen Krankenhäusern herrscht Wettbewerb, Ökonomisierung und Gewinnsteigerung. Ursache hierfür ist das DRG-System. Was darunter zu verstehen ist, wird im Buch genau erläutert. Aus Zeitgründen sind Ärzte nicht in der Lage, sich ein Gesamtbild über die Krankheit zu verschaffen. Anstelle von einer individuellen Ermittlung eines Zustandes des Patienten treten Datensammlungen, die nur fragmentarisch die Einzelsymptome abbilden, auf. Das Gesamtbild aber bleibt unklar. Die Patientenbeziehungen sind ökonomisch gestaltet. Die Realität des Patienten findet jenseits des Geschäftes weder Raum noch Sinn, (vgl.: S.74).

Es ist bedauerlich, dass man nicht auf alles in diesem faktenreichen Buch im Rahmen der Rezension eingehen kann, so etwa auf die Hygieneskandale als Folge von Budjetierungszwängen. Gier herrscht allerorten. Die Rede ist von Goldgräberstimmung in der Krebsmedizin. Selbst Krankenhausapotheken fallen durch stark erhöhte Rechnungen für privat versicherte Krebspatienten auf. Man liest von 90 % Zuschlagsregelung, aber auch den unverschämten Beutezügen der Pharmaindustrie. Der Gesundheitsökonom Karl Lauterbach schreibt Deutschland sei der "Pharmamülleimer Europas", (S.101), woran ich nach der Lektüre dieses Buches keinen Zweifel mehr habe.

Abgehandelt wird Habsucht am Beispiel von Anwendungsbeobachtungen, auch an den Maßlosigkeiten der Vorstandsetagen. Von Korruption ist die Rede, der eigentlichen Pest der letzten 15 Jahre in unserem Land, von gefälschten Studien, Betrugsfällen, auch von Organspendeskandalen und nicht zuletzt von überflüssigen Operationen. So sollen beispielsweise 85% der operativen Eingriffe bei Patienten mit Rückenbeschwerden nicht notwendig sein. Auch Deutschlands Orthopäden habe die Operationswut heimgesucht. All dass und die vertuschten Behandlungsfehler bestätigen meine Skepsis im Hinblick auf die Götter in Weiß, denen ich nach Möglichkeit aus dem Weg gehe, trotz utopischer Krankenkassenbeiträge.

Über den Mangel an Mitleid, auch über Hochmut und Machbarkeitswahn und den absurden Traum der ewigen Jugend medizinisch erzeugen zu können, schreibt der Autor ebenfalls packend.

Ein Buch, das wütend macht und aufrüttelt. So kann es nicht weitergehen. Umdenken ist angesagt. Die Gier höhlt alles Systeme der Gesellschaft aus, nicht nur unser Gesundheitssysthem.

Empfehlenswert.

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