Der Autor dieses äußerst aufschlussreichen Buches ist der finnische Wirtschaftsjournalist Ari Turunen. Er hält an Hochschulen und im Rundfunk Vorträge über kulturgeschichtliche Themen. In seinen Büchern analysiert er die Kuriosa westlicher Kulturgeschichte. Zuletzt hat er ein Buch über die Geschichte der Eisbecher verfasst.
Übersetzt wurde die vorliegende kurze Geschichte der Arroganz seitens Gabriele Schrey-Vasara, die 2008 mit dem finnischen staatlichen Übersetzerpreis geehrt wurde.
Das Werk ist in sechs Kapitel untergliedert. Diesen Kapiteln ist ein knappe Einleitung vorangestellt, die ihren Anfang mit einer sehr klugen Sentenz nimmt, die gewissermaßen die Kernwahrheit dieses Buches darstellt: "Nichts ist gefährlicher für den Menschen, als im Moment des Erfolgs der Arroganz anheimzufallen und sich für gottgleich zu halten."
Turunen erwähnt in der Einleitung die von mir hochgeschätzte Historikerin #Barbara_Tuchmann. Diese nennt vier Verhaltensweisen, die in der Regel zu Scheidungen, Kündigungen, Kriegen und Katastrophen führen. Aufgezählt werden: Tyrannisches Benehmen, maßloser Ehrgeiz, durch Macht ausgelöste Dekadenz und Unfähigkeit, sowie Starrsinn.
Der Autor forschte für sein Werk in den Annalen der Geschichte und zeigt Stellen auf, an denen ein lächerlicher, geringfügiger Anlass Veränderungen ausgelöst hat. Er sucht katastrophale Wendepunkte der #Arroganz, Momente die auf unterschiedliche Art die Welt verändert haben. Dabei kann hinter solchen Momenten Geringschätzung, übermäßiges Vertrauen in die eigene Vortrefflichkeit, kulturelle Überheblichkeit oder durch Monopolstellung verursachte Selbstgefälligkeit stehen.
In besagten Situationen werden die Spannungen unerträglich. Dann genügt eine arrogante Tat oder aber auch Bemerkung, um die Konstruktion zum Einsturz zu bringen.
Auf die einzelnen Beispiele im Buch näher einzugehen, führt zu weit. Man liest über das Phänomen des Zukopfsteigens, liest darüber dass von der Macht berauschte Personen ihren eigenen Wert aufbauschen, arrogant sind, bevormunden, sich in alles einmischen, anstelle zu delegieren. Solche Leute sind abhängig vom Lob und beanspruchen den Ruhm für Leistungen anderer für sich, legen jedoch den anderen die eigenen Fehler zur Last. Solche Zeitgenossen macht Kritik rasend und sie können ihre Fehler und Schwächen nicht eingestehen. Überbesorgt ist ein solcher Mensch um seine Öffentlichkeitswirkung und idealisiert die materiellen Zeichen des Erfolgs.
Diese Personen werden durch den Erfolg stark verändert und zwar bis hin zum Realitätsverlust, wie an Beispielen gezeigt wird.
Menschen in Machtpositionen, so Untersuchungsergebnisse, sprechen mehr und nehmen sich, was sie wollen. Wer Macht bekommt, benimmt sich abweisender und gewöhnt sich daran, alle Situationen und Menschen zur Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse zu nutzen.
In großen Gruppen spricht die Mehrheit selten, weil ihr Status gering ist. Führungspersonen werden aufgefordert mehr zu sprechen. Personen mit niedrigem Status werden zum Schweigen verdammt. Dominiert der Anführer einer Gruppe zu stark, verbinden sich die Schwachen, um den Arroganten zu stürzen. Es kommt zur Bildung einer neuen Gruppe und das Spiel beginnt von neuem.
Ich teile mit dem Autor die Meinung, dass das eifersüchtige Herausstreichen des eigenen Ego ein Grund für Gewalttaten und viele Kriege ist. "Wenn das Ego zu sehr anschwillt, entsteht Größenwahn und Schwerhörigkeit. Fehler werden nicht zugegeben und andere Menschen werden herabgemindert.“
Auch hier wieder werden Beispiele aus der Geschichte zur Veranschaulichung angeführt. Man staunt von Seite zu Seite mehr, wie sehr Menschen von ihrer Macht berauscht sein können und wundert sich nicht, wenn Turunen resümiert, dass es allen Imperien letzten Endes schlecht geht, weil sie gierig werden und ihre Größe als selbstverständlich erachten. Das hat zumeist verhängnisvolle Folgen.
Es führt zu weit, auf all die Fakten im Buch einzugehen und all die eigenartigen Verhaltensmuster von Personen in den Machtpositionen hier zu skizzieren. Klar ist, Hochmut kommt noch immer vor dem Fall.
Anhaltender Erfolg ist eine Frage von Demut. Wer stattdessen pausenlos vergleicht, immerfort in Verteidigungsbereitschaft ist, ständig seine Vortrefflichkeit herausstreicht und pausenlos den kollektiven Applaus einfordert, der wird keinen Erfolg auf Dauer haben.
Nachhaltiger Erfolg nämlich beruht auf Humanismus und bedingt Toleranz. Er würdigt das Wissen und sperrt sich gegen Hochmut, weil dieser den Untergang im Schlepptau hat. Große Reiche sind an der Hybris ihrer Herrscher zerbrochen und viele Köpfe rollten in Revolutionen, weil nicht begriffen wurde, dass Arroganz stets das Todesurteil impliziert.
Sehr empfehlenswert
Helga König
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