"Lesen ist ein freier Traum" (Jean Paul Sartre)
Dieses wirklich wunderbare Buch mit einem Vorwort von Christine Westermann handelt von uns Frauen und unserer Liebe zu Büchern. 100 Abbildungen von Gemälden lesener Frauen illustrieren die hochinformativen Texte.
Dieses wirklich wunderbare Buch mit einem Vorwort von Christine Westermann handelt von uns Frauen und unserer Liebe zu Büchern. 100 Abbildungen von Gemälden lesener Frauen illustrieren die hochinformativen Texte.
Johannes Thiele erwähnt in seinem Beitrag "Das Glück zu lesen- Anmut und Verzauberung" Harold Bloom und dessen Werk "Die Kunst der Lektüre". Bloom reflektiert dort das "richtige" Lesen. Er ist davon überzeugt, dass wir nicht nur lesen, weil wir nicht genug Menschen kennen können, sondern auch, weil die Freundschaft so verletzlich ist, weil es so wahrscheinlich ist, dass sie abnimmt oder gar verschwindet, bezwungen durch Raum, Zeit, unvollkommende Sympathien und all die Sorgen des Familien- und Liebeslebens. (vgl.: S.14)
Ulrich Greiner, der in diesem Beitrag auch genannt wird, gibt in seinem "Literaturführer" nicht bloß eine Gebrauchsanweisung zum Lesen schöner Literatur, sondern stellt sich zudem die Frage, wieso wir Romane lesen. Er ist davon überzeugt, dass Eskapismus der tatsächliche Grund hierfür sei, sprich ein Fluchtbedürfnis also der Hauptantrieb der Leseleidenschaft ist. Er glaubt, dass diese Fluchten nicht in ein ungefähres Nirgendwo führen, sondern eine Wirklichkeit eigener Qualität schaffen, eine Gegenwirklichkeit, die dann eine größere Geltung haben kann als die eigentliche. (vgl: S. 17)
Man erfährt von der Leseleidenschaft "Madame Bovarys" und dem Recht auf "Bovarysmus", d.h. dem Recht den Roman als Leben zu sehen. Man erfährt: "Bovarysmus bedeutet die unmittelbare und ausschließliche Befriedigung unserer Empfindungen: Die Phantasie nimmt überhand, die Nerven vibrieren, das Herz rast, das Adrinalin spritzt hervor, die Identifikation funktioniert in alle Himmelsrichtungen, und das Gehirn hält (vorübergehend) ein alltägliches X für ein romanhaftes U."(Zitat: S. 20/21)
Man erfährt auch, dass zwischen 1750 und 1800 über 5000 belletristische Novitäten in Deutschland erschienen und fast ausschließlich von Frauen gelesen worden sind. Diese Tatsache führte dazu, dass man die Lektüreleidenschaft von Frauen zu stigmatisieren begann. Ziel war es nun Frauen in ihrem Leseverhalten zu kontrollieren und genau zu überprüfen, was und wieviel eine Frau liest.
Man liest von therapeutischen Effekt von Literatur, gleichwohl war man noch bis im 19. Jahrhundert davon überzeugt, dass Romane die weibliche Phantasie verwirren und falsche Vorstellungen wecken. Doch dann begann man die lesende Frau immer häufiger zu malen. Dies wird im Buch anschaulich dokumentiert. Das Sujekt der lesenden Frau führe uns geradewegs in die Mitte der weiblichen Existenz, erfährt man dort. (vgl.: S.27)
Die Literaturwissenschaftlerin Ruth Klüger konstatiert, dass Frauen anders als Männer lesen. Im Buch wird skizziert, wie Klüger das konkret meint. "Männer wollen, wenn sie lesen, studieren" fasst Hannelore Schlaffer zusammen "Frauen empfinden". Vielleicht hat Schlaffer Recht. Bin ich in Wahrheit am Ende ein Mann?:-((
In der Folge liest man von der weiblichen Leidenschaft des Lesens und es werden Reflektionen über all die schönen Bilder mit lesenden Frauen angestellt. Fragonards "Lesendes Mädchen" ist natürlich dabei und auch "Eine Lesende" von Albert Joseph Moore. Die Bildinterpretationen habe ich mit größten Interesse studiert. Ich werde allerdings keines der 100 Bilder hervorheben, um eine Interpreation konkret wiederzugeben, obschon mich nicht nur Renoirs Gemälde "Die Lektüre" dazu motiviert. Ein ganz großes Lob für die gelungene Beschreibung dieses und anderer zauberhafter Motive.
Überschriften, wie "Lesen im Bad", "Gartenlektüre", "Das Gefühl des Gelöstseins", "Leseträume" oder "Vertieft in Bücher" machen neugierig . Ich mag "Beatrice" von Stillmann, weil diese Lesende nachdenklich und sehnsüchtig zugleich blickt. Wir Frauen im Hier und Jetzt sind unfähig so zu schauen.
Neben den erhellenden Texten zu den Bildern haben mir die eingefügten Aphorismen und Sentenzen namhafter Schriftsteller und Philosophen gefallen. Dabei hat mich Oscar Wilde am meisten beeindruckt:"Wenn man ein Buch nicht immer und immer wieder zu seiner Freude lesen kann, hat es keinen Wert, es überhaupt zu lesen." So sehe ich das auch, lese deshalb niemals Bücher, die mir nicht gefallen und verwahre all die vielen Bücher, die ich lese, in meinem Lebensraum, damit ich stets Gelegenheit habe, mich erneut daran zu erfreuen und zwar, wann immer ich will.
Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.
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