Vor einiger Zeit habe ich Guido Eckerts "Zickensklaven. Wenn Männer zu sehr lieben" mit großem Interesse gelesen und diesem Buch nicht grundlos 5 Sterne gegeben. Der Autor, der mit diversen Preisen ausgezeichnet wurde, wohnt mit seiner Frau und seinem Sohn in einem kleinen Dorf im Sauerland. Er lebt also zurückgezogen und dies allein werte ich bereits als ein Zeichen von Weisheit, über die Eckert in seinem Buch so gekonnt zu schreiben vermag.
Im Rahmen von zehn Kapiteln verdeutlicht er u.a., wie wir es zu schaffen vermögen, das Wesentliche zu sehen, wie wir unsere Wut umwandeln können, weshalb wir nur in der Gegenwart leben sollen, weshalb alles miteinander verbunden ist, weshalb Scheitern zum Leben gehört, aber auch, wie wir ruhig bleiben können und nichts bereuen sollen.
Den einzelnen Kapiteln hat der Autor kluge Sentenzen vorangestellt, die viel darüber aussagen, von wem sein Denken beeinflusst ist. Liest man schließlich das Buch, wird klar, dass Robert Aitkens "Ethik des Zen" für ihn, neben vielen anderen Büchern, eine nicht unwesentliche Bedeutung hat. In seinem Literaturverzeichnis ist zwar Seneca aufgeführt, an den mich der Autor stilistisch erinnert, aber nicht Plutarch und Tolle, die ihm gedanklich auch sehr nahe stehen. Was ich damit sagen möchte: Guido Eckert schreibt wirklich wundervoll.
Was den Autor umtreibt, ist die Frage, wie man weise werden kann. Eckert bezieht sich auf Wittgenstein, wenn er konstatiert, dass ein so genannter "ungebildeter" Mensch mehr Weisheit besitzen kann als viele Intellktuelle. All jene, die sich liebend in die Arme nehmen, machen den ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zur Weisheit, so Eckert.
Der Autor erinnert an die Stoiker und an Denkströmungen anderer Kulturen, wenn er darauf hinweist, dass derjenige, der seine Leidenschaften beherrscht, wirklich frei ist. Dabei muss einem klar sein, dass "Beherrschen" keinesfalls Unterdrückung bedeutet.
Über Abgrenzung macht sich Eckert Gedanken und erinnert daran, dass derjenige, der zu sehr auf Abgrenzung beharrt, schließlich nie die Liebe erfährt, zu der wir fähig sind, weil die Liebe immer fließen möchte und man sie nur spüren kann, wenn sie fließt, (vgl: S.46). Das sehe ich auch so, nachdem ich über diese Problematik sehr lange nachgedacht habe und meine Beobachtungen anstellte bei Menschen, die zu sehr auf Abgrenzung bestanden. Letztlich blieben sie einsam und verkümmerten innerlich. Ein Zustand, der einen Menschen nicht voranbringt, wenn er weise werden möchte.
Wer weise werden will, muss lernen, seine Gedanken vom inneren Kern her, d.h. von seinem Ich zu trennen und sich verabschieden von Zuständen wie Gier, Hass und Unwissenheit.
Eckert zeigt, wie man Ärger vermeidet, der uns letztlich auch hindert, weise zu werden. Der Autor zitiert Aitken, wenn er schreibt dass, solange es einem Menschen nicht gelungen ist, die Fesseln der Selbstsucht zu sprengen, er keine innere Ruhe kenne, sondern stattdessen in einem Zustand lebe, den Buddha als Verblendung und Verhaftetsein bezeichne, (vgl: S. 55).
In der Folge kommt typisches Suchtverhalten zur Sprache, das daran hindert, weise zu werden. Der Autor reflektiert auch Wut, die lt. Anselm Grün immer auf tiefe Verletzung hinweist. Man soll seine Wut genau anschauen und überlegen, ob man gegebenenfalls anderen nicht zu viel Macht über einen gegeben hat. Insofern könnte Wut auch die Kraft sein, sich von demjenigen, der zu viel Macht hat, zu befreien. Es ist wichtig, sich mit den eigenen Wut- und Hassgedanken vertraut zu machen, um loslassen zu können. Ein hassender Mensch ist niemals ein weiser Mensch.
Ferner ist es notwendig, sich in Demut zu üben. Das Fehlen von Demut (gepaart mit der Zunahme an Eitelkeit) hindert den Menschen daran, sich seiner Schwächen bewusst zu werden, sich kennenzulernen, um schließlich weise zu werden, (vgl:S. 84). Genau so ist es.
Guido Eckert lässt den Leser wissen, dass man lernen muss, "durchlässig zu werden". "Was kümmert es den Mond, wenn ihn ein Hund anbellt", ist die richtige Einstellung gegenüber penetrantem Verhalten Dritter. Der Weise ist frei von Groll und Ärger, wenn Dritte penetrant toben. Er nimmt solche Dritte nicht zur Kenntnis und befasst sich stattdessen mit Dingen, die ihn im Erkennen dieser Welt weiterbringen.
Wer weise werden möchte, muss verzeihen können. Gandhi, den Eckert zitiert, sagt: "Die Schwachen können nicht verzeihen. Verzeihen ist ein Attribut der Starken." Wer vergibt, hat die Chance, dass alte Wunden heilen können. Für Weise ist es klar, dass menschliches Zusammenleben nur möglich ist, wenn man vergibt.
Man erfährt des Weiteren, dass gute Laune und Heiterkeit immer ein Indiz für Weisheit ist. Übellaunige, ständig zeternde Menschen werden nie weise werden. Wer weise werden will, muss loslassen und gelassen auf andere Menschen zu gehen, damit wir mit uns selbst im Frieden leben, denn nur so gedeiht auch Frieden und Liebe um uns herum.
Achtsamkeit ist übrigens auch wichtig auf dem Weg zu Weisheit und das bewusste Leben im Jetzt. Wenn wir Schritt für Schritt gegenwärtig werden, entziehen wir uns unnötiger Ängste vor Problemen, die nicht selten Kopfgeburten sind.
Wichtig ist, nicht mehr in die Spirale aus Vorwürfen, Selbstmitleid, Hass, Schmerz und Sorgen einzusteigen, sondern stattdessen frei von diesen kontraproduktiven Strukturen unseres aufgeblähten Ichs liebevoll im Jetzt zu leben und zwar nur im Jetzt. "Carpe diem" lautet die Devise, wenn man weise werden möchte.
Wer aufhört zu werten, wird aufhören zu grummeln und zu nörgeln und deshalb unzufrieden zu sein. "In dem Moment, in dem wir aufhören, uns selbst zu bewerten und zu verurteilen, verurteilen wir auch nicht mehr unsere Partner." Selbstachtung ist die Grundvoraussetzung, um andere zu achten. Wer andere und sich selbst verachtet, wird nie den Zustand der Weisheit erreichen, der letztlich ein Zustand vollkommender Liebe ist.
Ich will nicht zu viel über den Buchinhalt verraten, aber resümierend festhalten, dass Guido Eckert mich durch seine Klugheit erneut in seinen Bann gezogen hat. Schon jetzt freue ich mich auf ein weiteres Buch dieses Plutarchs im Hier und Heute.
Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.
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