Brockhaus perspektiv "Not für die Welt" mit einem Vorwort von Renate Künast befasst sich intensiv mit den Themen:
Wie kommt der Hunger in die Welt?
Profit auf Kosten der Umwelt
Massenhaft Billig- Massenhaft krank?
Zu den genannten Themen hat man Gelegenheit umfangreiche Beiträge renommierter Fachautoren zu lesen, die mit kontroversen Sichtweisen und bemerkenswerten Denkanstößen dem Leser viel Stoff zu Überlegungen unterschiedlicher Art zur Verfügung stellen.
Der erste Beitrag von Prof. Dr. Claus Leitzmann beleuchtet die globale Ernährungssituation, die ein Bündel von Gegensätzen darstellt. Obschon noch nie so viel Nahrung wie heute erzeugt wurde und noch nie so viel weggeworfen wurde, gab es noch nie so viele Hungernde und noch nie so viele Übergewichtige.
Erläutert wird der Unterschied zwischen Entwicklungs-, Industrie- und Schwellenländer und es wird darauf hingewiesen, dass der früher übliche Begriff "Dritte Welt" kaum mehr gebräuchlich ist. Erläutert werden auch die Begrifflichkeiten "Hungerkrisen und Hungersnöte" und man wird mit der globalen
Nahrungsmittelproduktion in den letzten 10 Jahren vertraut gemacht. Interessant ist die Entwicklung des Fleischverbrauchs in den verschiedenen Ländern und die Gegenüberstellung der Ernährungssituation in den Wohlstands- und in den Armutsgesellschaften.
Man lernt die Bedingungen und Zusammenhänge eines guten oder schlechten Ernährungsstatus kennen und hat Gelegenheit anhand einer Auflistung die globale Verbreitung, die Folgen und die Prävention von Mikronährstoffen kennenzulernen. Zur Sprache gebracht werden auch die Fehlernährung und ihre Folgen und zwar sowohl in den Industrie- als auch in den Armutsländern. Im Fokus stehen die Möglichkeiten zur Verbesserung der Ernährungssituation. Zu diesen Möglichkeiten zählt auch die Verminderung der Nahrungsverschwendung sowie die Beachtung der Klimabelastung durch die Produktion von Lebensmitteln. Nicht vergessen werden bekannte Hilfsprojekte und ihre Erfolge. Patentlösungen für die Formen der Fehlernährung weltweit scheint es bislang noch nicht zu geben. Fest steht, dass sie von vielen Seiten zeitgleich gelöst werden muss und dass sich, wie Prof. Dr. Claus Leitzmann betont, diese Anstrengung zum Wohle der Mitwelt, Umwelt und Nachwelt aus gesundheitlichen, ökonomischen und ökologischen Gründen lohnt.
Prof. Dr. Nina von Fedoroff schreibt in ihrem Beitrag über Gentechnik zum Kampf gegen Hunger. Sie unterstreicht zunächst, dass Hunger das Ergebnis von Armut, von mangelndem Zugang zu Nahrung aus ökonomischen Gründen ist und die in die Höhe schießenden Nahrungsmittelpreise die ärmsten in der Welt in den Hunger treiben, (vgl.: S. 56). Nicht nur durch Ausbildung, Gesundheitsvorsorge und wirtschaftliche Entwicklung lässt sich Armut und Hunger bekämpfen, sondern auch die Gentechnik kann einen wichtigen Beitrag leisten. Sich mit den diesbezüglichen Gedanken von Prof. Dr. von Fedoroff zu befassen, muss kein Fehler sein. Wenn es um die Bekämpfung des Hungers in der Welt geht, muss man alle Möglichkeiten unvoreingenommen überdenken.
Dr. Rudolf Buntzel stellt Überlegungen zur Problematik der bisherigen agrarpolitischen Maßnahmen an und verdeutlicht, weshalb sich unbedingt etwas ändern muss. Es führt zu weit im Rahmen der Rezension auf die höchst komplexe Problematik einzugehen. Klar wird dem Leser jedenfalls, dass Reformbedarf von Nöten ist.
Reiner Wandler berichtet in seiner Reportage mit dem Titel "Spaniens Wintergarten in der Krise" von den Chancen und Problemen beim Gemüseanbau in Andalusien, bevor im zweiten Abschnitt dann sieben Beiträge zum Thema "Profít auf Kosten der Umwelt" auf den Leser warten. Dr. Ulrike Eberle lädt dabei zu einer globalen Expedition ein und klärt in diesem Zusammenhang nicht wenige Irrtümer auf. Man lernt u.a. die Wege von Molkereiprodukten kennen, liest darüber, dass das Obst in Deutschland zwar gegessen, aber selten erzeugt wird und erfährt, dass der Gesamtanteil der Umweltbelastung durch Flugtransporte für Obst immerhin nicht so hoch ist, wie man gemeinhin annehmen könnte. Auch das meiste Gemüse wird importiert, die Fische und andere Lebensmittel mehr. Die geringe Wertschätzung für die Lebensmittel und die Ernährungsarbeit bei uns hängen eng mit zunehmender Entfremdung von Nahrungsmittelherstellung - und verarbeitung zusammen. Um ein richtiges Maß des globalen Handels mit Lebensmitteln zu erzielen, muss man das Bewusstsein für Wertschätzung steigern. Eine gewiss nicht einfache Aufgabe. Eltern und Lehrer sind hier gefragt.
Im Rahmen der Rezension führt es zu weit auf alle sieben Beiträge des 2. Abschnitts einzugehen. Erwähnen möchte ich aber, dass ich mich durch die Lektüre des Essays von Dr. Alexander Popp und Dr. Hermann Lotze -Campen in meiner Entscheidung, kein Fleisch mehr zu essen, die ich Anfang 2011 traf, bestätigt fühle. Hier liest man, dass die weltweite Landwirtschaft ein Drittel der globalen Emission von Treibhausgasen verursacht, insbesondere durch die Produktion von tierischen Nahrungsmitteln. Die Gedanken der beiden Autoren halte ich für sehr wichtig, weil sie Verbraucher zu freiwilligen Verhaltensänderungen anregen.
Der Biologe Jürgen Päger thematisiert das Problem der Überfischung, dessen Ursache natürlich auch damit zusammenhängt, dass es sich herumgesprochen hat, dass Meeresfisch gesund ist. Man wird über die Geschichte der Fischerei aufgeklärt, auch über die moderne Fischerei und die Abnahme der Fische, die Überfischung des Kabeljaus, über Piratenfischerei, die Zucht von Meeresfischen und die Zukunft der Aquakultur, auch solche für Garnelen. In modernen Anlagen sollen die Abwässer mittlerweile gereinigt sein. Das liest man gerne.
Im 3. Teil des Buches warten fünf Beiträge auf den Leser. Es geht dabei um den Einfluss der Nahrungsmittelindustrie auf die globale Erzeugung von Lebensmitteln, um Risikofaktoren bei der Ernährung aus Sicht der Evolutionsbiologie, um Vegetarismus und andere alternative Ernährungskonzepte, um die Zukunft unseres Essverhaltens und seine Auswirkungen auf die Globalkultur, sowie um Nahrungsmittelskandale als auch Hungerkrisen und deren globale sowie lokale Lösungsansätze.
Mit großen Interesse habe ich den Beitrag von Dr. Hans Ulrich Grimm gelesen, der aufzeigt wie beträchtlich der Einfluss der Industrie auf unseren Speisezettel ist und dafür plädiert, dass das Thema Essen in die öffentliche Kontrolle zurückgeholt wird. Er berichtet über Julius Maggi, der 1886 die erste Fertigsuppe erfand, über die Industrialisierung des Geschmacks , über die Gefahren, die durch Glutamat drohen, über Zucker und die Coca-Kolonisierung der Welt und anders mehr.
Liest man dies alles, bleibt einem nichts anders übrig, als aufmerksam den Beitrag von Dr. Markus Keller zu studieren, der sich mit Vegetarismus und anderen alternativen Ernährungskonzepten auseinandersetzt. Immer mehr Menschen wird bewusst, dass es für die eigene Gesundheit, auch für die Umwelt ein Vorteil ist, mehr Gemüse, Obst und Vollwertprodukte zu essen und den Fleischkonsum zu reduzieren. Klar wird, dass man aus Einsteins nachstehender Sentenz Konsequenzen ziehen muss und zwar am besten sofort: "Nichts wird die Chance auf Überleben auf der Erde so steigern wie der Schritt in die vegetarische Nahrung", (Zitat: S: 281).
Wer damit Probleme hat, fleischlos zu leben, sollte zumindest damit beginnen, nachhaltig hergestellte Produkte zu kaufen und achtsam mit Lebensmitteln umzugehen. Das vorliegende Buch sollte jeder lesen, um sensibler im Hinblick auf gesunde Ernährung und auf Verschwendung zu werden.
Empfehlenswert.
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