Es gibt nur wenige Bücher, die sich mit der Machtstrategie "Intrige" detailliert befassen, eines dieser Bücher habe ich bereits vor einiger Zeit rezensiert. Das vor mir liegende Buch der Diplompsychologin Regina Michalik ist noch aufschlussreicher als jenes von Thau und sehr hilfreich für all jene, die Intrigenspiele durchschauen und sinnvolle Abwehrmaßnahmen ergreifen möchten.
Ihr Buch untergliedert die Autorin in:
Teil I: Intrigen erkennen
Teil II: Intrigen abwehren
Teil III: Vorbeuge ist besser als abwehren
Teil IV: Was sie noch wissen sollten.
Eine Intrige hat nach Michalik fünf Merkmale: Sie muss hinterhältig (1) und geplant (2) sein. Sie bedarf eines Motives (3) und muss folgerichtig (4) durchgeführt werden. Es müssen stets mindestens drei Akteure (5) beteiligt sein. Die Autorin hält fest, dass es neben dem Täter oder der Täterin, eine oder mehrere Opfer gibt und als Dritte einen oder mehrere Verbündete, hinzu kommt nicht selten eine vierte Akteurgruppe, so genannte Stakeholder, sprich Mitinteressenten oder Mitprofiteure. Eine Intrige ohne Opfer oder Verbündete gibt es nicht. Die Verbündeten können sich zu Mitwissern, Handlangern oder Vollstreckeren entwickeln, während Mitprofiteure zumeist nicht aktiv zur Intrige beitragen aber dennoch einen Nutzen von der Intrige haben, zum Teil ohne dies bewusst zu wollen, (vgl.: S.17).
Die Autorin wartet in ihrem Buch immer wieder mit sehr aufschlussreichen Beispielen auf. Intriganten möchten stets den anderen schaden und sich selbst nutzen. Die drei Grundmotive, die sich durchaus ineinander verschränken können lauten: Liebe, Geld und Macht, (vgl.: S.27).
Die Psychologin lässt den Leser wissen, dass die Intrigenkompetenz bei Frauen nachweisbar geringer ist als bei Männern. Dies hängt damit zusammen, dass Frauen weniger geneigt sind, strategisch vorzugehen. Frauen spekulieren seltener auf den zukünftigen Nutzen, (vgl.: S.41). Dieses wissenschaftlich nachgewiesene Ergebnis deckt sich mit meinen Lebenserfahrungen. Grund genug, sich mit den männlichen Machtspielen intellektuell zu befassen, um sich dagegen schützen zu können.
Intrigentäter verfügen über genügend Macht, um andere zum Mitmachen zu motivieren, jedoch zu wenig, um ihre Ziele offen und direkt zu erlangen, (vgl.: 42). Michalik erklärt sehr gut nachvollziehbar, dass Intriganten Personen mit sozialer und analytischer Kompetenz sind und demnach soziale Analphabeten sich für Intrigen als wenig tauglich erweisen. Es sind diejenigen, die logisch denken können und Durchhaltevermögen besitzen, die "Schachspieler", die sich dazu eignen, Intrigen zu spinnen, (vgl.: S.42-43).
Auf Seite 61 schreibt die Autorin: "Der moderne Intrigant tarnt sich auch elektronisch durch Anonymisierungsdienste und ausländische Provider oder durch Fälschungen elektronischer Signaturen, von Mail- und www-Adressen; häufig benutzt er auch reale Identitäten von anderen und verschickt beispielsweise Mails von fremden Accounts", (Zitat: S. 61). Dieses Zitat habe ich bewusst hier eingefügt, weil ich meine, dass es zum Nachdenken anregt und gewisse Tatsachen im Netz mit wenigen Sätzen sehr gut auf den Punkt bringt.
Merken sollte man sich, dass Informationen ein zentraler Machthebel und damit letztlich ein taugliches Intrigenwerkzeug darstellen, (vgl.: S.67). In welcher Weise Menschen mit Informationen, die ihnen zur Verfügung stehen, umgehen, sollte man sich also genau ansehen. Wer Informationen hat, kann diese auch verkaufen und wird auf diese Weise zum Handlanger eines Intriganten. Agiert wird nicht selten mit Gerüchten, weil der betreffende Personenkreis auf diese Weise strafrechtlich schwerer zu belangen ist, auch wird verschleiert und es werden Informationen vorenthalten. Michalik macht aber klar, dass Verleumdung und Verunglimpfung, Diffamierung und Beleidigung strafrechtlich verfolgt werden können, (vgl.: S. 69).
Das klingt alles sehr nach Mobbing, aber Mobbing und Intrige sind nicht dasselbe. Mobbing ist ein emotionales Verhalten, während eine Intrige auf Berechnung beruht. Mobber können von einem Intriganten geschickt eingesetzt werden, um die Intrige noch erfolgreicher zu gestalten.
Die Autorin reflektiert ausführlich das Phänomen des Gerüchtes, das im Kommunikationsprozess stets die Emotionen Dritter bedient. "Je häufiger ein Gerücht dann noch öffentlich und scheinbar seriös zitiert wird, desto plausibler erscheint es und umso weiter wird es verbreitet und wieder zitiert,(Zitat: S. 72). Immer dort, wo vorausschauend und offen kommuniziert wird, haben Gerüchte keine Chance,(vgl.: S.73).
Wer kennt sie nicht die Personengruppe, deren Tagwerk die Befriedigung ihrer Lust am Klatschen ist? Solche Menschen werden zu Handlangern eines raffinierten Intriganten, der sie für seine Zwecke mit Kalkül einsetzt. Mobbing sei stets eine direkte interaktive Beziehung, so die Autorin, während Intrigen auch durchgeführt werden können, ohne dass der Intrigant seinem Opfer jemals begegnet ist, (vgl.: S. 77).
Nicht nur Mobbing ist ein wichtiges Intrigenwerkzeug, sondern auch Stalking kann Teil einer Intrige sein. Stalker lassen sich bestens in Intrigen einsetzen, um das Opfer zu zermürben, (vgl.: S.78). Intrigen leben vom Publikum. Das Internet mit seinen Foren ist also ein idealer Ort für Intriganten, um ihr Spielchen zu treiben. Intrigenspiele werden solange fortgeführt bis das Publikum sich gelangweilt abwendet. Also wird der Intrigant alles versuchen, um das Spiel immer wieder neu zu befeuern.
40 % der Frühverrentungen gehen mittlerweile auf psychische Erkrankungen zurück. Das sollten sich Arbeitgeber bewusst machen, die in ihren Betrieben das Tun von Intriganten, Mobbern und Stalkern fördern, anstelle es zu unterbinden. Verantwortung des Führungspersonals ist gefragt, aber und das muss auch gesagt werden: nicht selten sind Intrigen Bestandteil der Personalpolitik, (vgl.: S.85).
Intriganten wollen sich mit anderen messen, sie wollen mit dem Glück spielen, haben Lust auf Verstellung und Lust auf Rausch, (vgl.: S.93) Intriganten sind also demnach häufig Suchtmenschen und Spieler mit mangelnder Empathie, deren Hauptmerkmal Berechnung ist.
Ganz hervorragend erklärt die Autorin im Rahmen eines Zehn-Punkte-Programms wie man Intrigen abwehrt. Einer der Punkte, den sie nennt, heißt cool zu bleiben, d. h. sich nicht provozieren zu lassen, denn Intriganten versuchen immer die Achillesverse des Opfers zu erwischen, damit sie es anschließend, sobald es wütend ist, dem gaffenden Publikum vorführen können. Ein Intrigant möchte immer sein Opfer destabilisieren, das muss klar sein.
Die Psychologin zeigt, wie man Gerüchte abwehrt und macht immer wieder klar, wie eine Intrige funktioniert: Billardstoß, Angriff auf die Achillesferse und das Komplott. Fast jede Intrige stellt ein Komplott dar, im Sinne eines Angriffs durch eine Gruppe. Es ist also wichtig, ein "Intrigogramm" aufzustellen, um die Gruppe im Detail zu analysieren. Jeden einzelnen muss man unter die Lupe nehmen und eruieren, wer die Schlüsselpersonen sind. In gleicher Weise muss man die Gruppe der Bündnispartner, Stakeholder und Mitläufer analysieren, (vgl. S.146). Je mehr Personen an einer Intrige beteiligt sind, desto größer ist die Chance eine Person aus dem Verbund herauszulösen, (vgl.: S. 149).
Diejenigen, die sich mit Intrigen befassen, müssen sich mit Macht beschäftigen. Dort, wo man Macht leugnet, haben Intrigen eine besonders große Chance, (vgl.: S. 162). Die Autorin befasst sich deshalb in ihrem Text nicht grundlos mit Macht und ihren Symbolen.
Ich empfehle allen, die von Intriganten behelligt werden, diesen Teil des Buches besonders gut durchzulesen und auch jenen über Netzwerke sowie Seilschaften und daraus zielführende Schlüsse zu ziehen.
Dass Vorbeugen weitaus besser ist als abwehren, dürfte jedem eingängig sein. Auch hier erhält man im Rahmen eines 10 Punkte Programms sehr gute Tipps, welche vorbeugenden Maßnahmen man ergreifen kann. Hinter Intrigen stecken immer Ressourcenkonflikte, (vgl.: S. 199). Ein typisches Beispiel für intrigengefährdete Ressoursenkonflikte sind undurchschaubare Hierarchien, wie etwa Ranglisten. Wie eingangs bereits erwähnt, besitzen Intrigentäter keine ausreichende Macht, um ihre Ziele offen und direkt zu erlangen, deshalb versuchen sie es über bösartige Intrigen.
Wichtig ist cool zu bleiben, sich mental zu stärken, sich nicht aushorchen zu lassen, denn der Intrigant ist stets auf der Suche nach wunden Punkten und vermeintlichen Fehlern, die er an die große Glocke hängen möchte, um sein Opfer zu destabilisieren.
Gefallen hat mir, dass die Autorin im letzten Teil des Buches mit einer nichtintriganten Organisationsarchitektur aufwartet, die ich Führungspersonal, die an einer gesunden Personalstruktur in ihren Unternehmen interessiert sind, dringend zu lesen empfehle. Die sechs Säulen lauten:
- Transparenz - Klarheit - Information
- Mitbestimmung und Mitentscheidung
- Konfliktkultur
- Konstruktive Konkurrenz und Kooperation
- Hilfe und Fehlerkultur
- Achtsamkeit und Emotionsmanagement
Diese Säulen werden ausführlich und sehr gut erläutert.
Dieses Buch empfehle ich nicht nur Intrigenopfern, sondern hauptsächlich Führungspersonal in Firmen, die zum Wohle ihres Personals und ihrer Kunden Maßnahmen ergreifen möchten, um Intriganten, die enormen materiellen und immateriellen Schaden verurachen können, frühzeitig das Handwerk zu legen.
Empfehlenswert.