Die Autorinnen dieses bemerkenswerten Buches sind Melanie Mühl und Diana von Knopp. Melanie Mühl ist Redakteurin im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Bloggerin und Verfasserin von zwei weiteren Büchern, die gleichfalls im Hanser-Verlag erschienen sind. Diana von Knopp, eine Diplompsychologin, hat auch schon zwei Bücher verfasst, schreibt regelmäßig für die FAZ und ist ebenfalls Bloggerin.
Der Titel des Buches bereits macht unmissverständlich klar, worum es den beiden geht: UM AUFKLÄRUNG und zwar in einem Bereich, in dem man viel falsch machen kann, obschon eine Fülle von Literatur uns täglich nahe zu bringen versucht, wie man sein Ernährungsverhalten und damit einhergehende Gepflogenheiten zu optimieren vermag.
Um "42 verblüffende Ernährungswahrheiten" dem neugierigen Leser anzubieten muss man, wenn man nicht als bloßer geschwätziger "storyteller" gelten möchte, viele wissenschaftlich fundierte Texte unter die Lupe nehmen. Das umfangreiche Literaturverzeichnis der Autorinnen zu Ende des Buches zeigt, dass der vorliegenden Publikation ein breites Studium von wissenschaftlicher Literatur vorausging. Insofern freut man sich umso mehr, dass die 42 offerierten Texte erstaunlich leichtfüßig daher kommen. Hier waren Sprachartistinen am Werk. Chapeau!
Jeder der 42 Texte ist in sich abgeschlossen. Deshalb auch muss man beim Lesen nicht chronologisch vorgehen. Als ausgemachter Chiliflocken- Fan (1 Esslöffel am Tag) habe ich voller Neugierde zunächst den Essay über den Chili-Charakter gelesen. Hier erfährt man, was eine Vorliebe für Scharfes über den Menschen verrät.
Vor jedem dieser Essays darf man übrigens eine hübsche Illustration bewundern, die die spielerische Art der beiden Verfasserinnen mit den Ernährungswahrheiten umzugehen durch liebevolle Karikaturen unterstreicht.
Das Untersuchungsergebnis, dass Chili-Liebhaber offenbar ein hohes Maß an Neugierde besitzen, hat mir gefallen, aber auch mit der negativen Formulierung, dass sie Dingen rasch überdrüssig sind, kann ich leben. Allerdings erstaunt es sehr, dass sich besagte charakterliche Dispositionen in einer Vorliebe für Chili erkennen lässt.
Wer über das Charaktermerkmal Neugierde nicht verfügt, sollte aus Vernunftgründen dieses Gewürz im Haus haben, denn es gilt als gesundheitsfördernd, kurbelt den Stoffwechsel an und entfaltet eine schmerzstillende und antibakterielle Wirkung.
Auf alle 42 Essays im Rahmen der Rezension näher einzugehen, führt zu weit. Neugierig macht natürlich der Essay mit dem Untertitel "Warum wir schon ein Lieblingsgericht haben, wenn wir noch gar nicht auf der Welt sind" oder jener, der verdeutlicht "Warum wir mögen, was wir mögen". Interessant aber auch ist: "Warum man manche Speisen niemals mögen wird."
Wer den Dingen auf den Grund geht, entdeckt Begründungen für Verhalten, beispielsweise, dass wir im Restaurant sofern wenn klassische Musik gespielt wird, bereit sind, ein höheres Trinkgeld zu zahlen und am wenigsten Trinkgeld "locker gemacht" wird, wenn dies nicht passiert. Seltsam, dass sich dies noch nicht überall herum gesprochen hat. Interessant für Restaurantbesitzer ist natürlich auch, dass klassische Musik dazu verführt, langsamer zu essen und entsprechend schneller satt zu sein. So gesehen ist Klassik ein Paradox, dass den Restaurantbesitzer zu kreativen Vorgehensweisen veranlassen müsste, wenn er um die psychologische Wirkung von klassischer Musik weiß. Nicht einfach.
Auch interessant ist, weshalb das Gewicht des Kellners unsere Bestellung beeinflusst. Dünne Bedienungen sollen nach einer Untersuchung das personifizierte schlechte Gewissen sein. Auch hier ist es für einen Restaurantbesitzer gar nicht so leicht, eine kluge Entscheidung zu treffen, denn, was nutzt es ihm, wenn die Gäste viel bestellen, aber sich über einen Kellner ärgern, der alles andere als flink ist.
Weshalb wir besser mit dem Rücken zum Buffet sitzen sollten, lässt sich erahnen. Aber weshalb wir Gabeln mit Vorsicht begegnen sollten, ist auf Anhieb nicht erkennbar, zumindest nicht für den, zu dessen Gewohnheiten es nicht zählt, damit den Handrücken seines Tischnachbarn zu bearbeiten, um diesen davon abzuhalten, das Fleisch von seinem Teller zu erbeuten. Den entsprechenden Essay sollte man nicht verabsäumen, denn hier warten Informationen auf den Leser, die wirklich neugierig machen auf eine technische Neuerung die staunen macht.
Dass Elektrizität ähnlich prickelnd schmeckt wie Champagner, wird nicht jeder wissen, auch nicht, dass es die Intensität der salzigen Geschmackswahrnehmung erhöht oder verringert und dass deshalb die Japanerin Hiromi Nakamura eine technische Gabel entwickelt hat. Darüber, aber auch über die Geschichte der Gabel liest man Wissenswertes und freut sich, dass die gebildeten Autorinnen in diesem Zusammenhang Bezug nehmen auf Norbert Elias und dessen Werk "Über den Prozess der Zivilisation".
Dass Elektrizität ähnlich prickelnd schmeckt wie Champagner, wird nicht jeder wissen, auch nicht, dass es die Intensität der salzigen Geschmackswahrnehmung erhöht oder verringert und dass deshalb die Japanerin Hiromi Nakamura eine technische Gabel entwickelt hat. Darüber, aber auch über die Geschichte der Gabel liest man Wissenswertes und freut sich, dass die gebildeten Autorinnen in diesem Zusammenhang Bezug nehmen auf Norbert Elias und dessen Werk "Über den Prozess der Zivilisation".
Für alle, besonders für jene, die gerne Chili essen, ist "Die Kunst des klugen Essens" ein Leckerbissen, den ich sehr gerne weiterempfehle, denn hier wird Neugierde von der ersten bis zur letzten Seite gestillt.
Helga König
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