Jörg Schindler ist gelernter Journalist. Nach dem Studium der Germanistik, Anglistik und Soziologie hat er als Nachrichtenredakteur und Reporter auch bei der Frankfurter Rundschau gearbeitet, bevor er 2012 zum Nachrichten-Magazin "Der Spiegel" wechselte. Hier ist er für die Themen "Terrorismus und Innere Sicherheit" zuständig. Des Weiteren hat der in Darmstadt geborene Autor sich seit langem mit dem Phänomen Extremismus befasst.
In seinem neuen Buch, erschienen im S. Fischer Verlag, geht Jörg Schindler der Frage nach: Welche Auswirkungen haben die aktuellen Bedrohungslagen auf das Sicherheitsgefühl der Bürger in unserem Land und was wird unternommen, damit die grassierende Angst nicht in Panik ausufert, und weiter, basiert diese Angst auf Realität oder wurde sie bewusst herbei manipuliert?
Das hier vorgestellte Buch versucht nicht nur die Ursachen zu beleuchten, es geht auch der Frage nach, wie die Politik und noch mehr die Wirtschaft mit diesen Zeit-Erscheinungen umgeht. Angst und die Verunsicherung der Menschen in unserem Land haben mit dem fortschreitenden Terrorismus, der mit den Ereignissen von 9/11 eine sichtbare, konkrete, bis dahin nicht gekannte Radikalität angenommen hat, eine völlig neue Dimension erreicht. Zwar hat es auch früher schon weltweit Bombenattentate gegeben, die vielen unschuldigen Menschen das Leben gekostet haben, jedoch mit den Abstürzen von Zivilflugzeugen auf die beiden Türme des World Trade Centers und das amerikanische Verteidigungsministerium Pentagon wurde eine neue Zeitrechnung in Sachen Terrorismus eingeläutet.
Jegliche Schwelle von Brutalität und Menschenverachtung wurden damit überschritten und alle Welt konnte im Fernsehen mit zusehen, welche Folgen diese übersteigerten Dimensionen mit sich brachten, als die Twin Towers, das Wahrzeichen des westlichen Handels und des amerikanischen Erfolgs jäh in sich zusammen stürzten und Tausende in den Tod rissen. Nie war eine Bedrohung konkreter und nie haben die Menschen eine derartige Bedrohung für sich selbst wahrgenommen.
Als Antwort darauf entstand ein bis dahin so nicht praktiziertes Sicherheitsdenken. Mit 9/11 begann zumindest in der westlichen Welt ein Umdenken. War man früher bestrebt, Sicherheitsaspekte eher nachrangig zu betrachten, so entstand jetzt ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis, dem höchste Priorität einzuräumen ist. Dies gilt sowohl im privatem wie im öffentlichen Bereich, zumal auch die Politik zwangsläufig auf die Ängste der Menschen reagiert hat.
Jörg Schindler stellt in seinem Buch "Panikmache" allerdings noch eine andere Entwicklung fest. Sowohl Politik als auch die Wirtschaft haben diese Eskalation der Angst für ihre eigenen Interessen benutzt. Während die Politiker aller Parteien im Land sich als Krisenmanager und Terror-Bewältigter andienen, verspricht die ausufernde Sicherheitsindustrie allumfassenden Schutz in allen Lebenslagen. Um das Interesse und Schutzbedürfnis noch anzuheizen, werden Verschwörungstheorien und Bedrohungsszenarien in Umlauf gesetzt, mit der Folge, dass die Menschen zunehmend weiter verunsichert sind.
Die Angst wird dazu benutzt zu manipulieren, weiter zu verunsichern, um so prächtige Geschäfte zu tätigen. Dies gilt auch für die Medien, die einen beträchtlichen Anteil an der zunehmenden Angst und Hysterie sich zuschreiben dürfen, so der Autor. Nichts ist so erfolgreich als mit der entsprechenden Angst Quote zu machen.
Bestand die Bedrohungslage nach 9/11 zunächst noch in weiter Ferne, etwa in den USA oder im Nahen und Mittleren Osten, so ist durch den Irak-Krieg und den Bürgerkrieg in Syrien der Terrorismus hautnah in Westeuropa entfacht worden.
Radikale Islamisten, im Land geboren und aufgewachsen, verüben Anschläge in Frankreich und Belgien und es ist nur eine Frage der Zeit, wann dies auch in Deutschland geschieht. Mittlerweile ist es so weit, die Anschläge in Ansbach, Würzburg und München zeugen davon, der "IS" ist in Deutschland aktiv. Einhergehend mit dem Strom von über 1 Million Flüchtlingen und Asyl-Suchenden im Jahre 2015, viele davon nicht registriert, hat das Angst-Barometer seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht.
Pegida, das plötzliche Erstarken der AfD und ein unterschwelliger Rechtsruck in der Bevölkerung zeigen, dass nicht mehr die Vernunft die Menschen beherrscht sondern nackte Angst, die sich in Hass-Parolen, Brandstiftung und Bürgerwehren entlädt, alles Fremde verteufelt und den Nationalismus neue Blüten treiben lässt. Hinter allem sieht Jörg Schindler ein Kalkül.
Er ist überzeugt, dass viele ihr Süppchen auf dieser Angst kochen und da nicht nur die rechtradikalen sondern auch die etablierten Parteien. So etwa auch die CSU in Bayern, die Seehofer dadurch erneut zur absoluten Mehrheit verhelfen will.
Der Autor Jörg Schindler mahnt in seinem Buch "Panikmache" zur Besonnenheit.
Insgesamt erteilt er der überbordenden Angst und Panik eine Abfuhr, besonders dann wenn sie unbegründet ist und nur der Manipulation und der Geschäftemacherei dient, oder gar die Freiheit der Menschen durch massive staatliche Eingriffe einschränken soll. Die statistische Wahrscheinlichkeit in Deutschland bei einem Bombenattentat getötet zu werden ist weitaus geringer als durch passives Rauchen zu sterben, zeigt der Autor auf, wobei ihm aber auch klar ist, dass Statistik noch nie die Angst überwinden konnte.
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Peter J. König
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