Daniel Schreiber, der Autor dieses bemerkenswerten Buches ist 1977 geboren. Vor 7 Jahren begeisterte mich seine exzellente Biographie über Susan Sontag ("Geist und Glamour"). Deshalb auch wollte ich wissen, wie er das nicht unproblematische Thema "Trinkerei" anpackt.
Im vorliegenden, sehr persönlich verfassten Essay schreibt er über seine Erfahrungen als Alkoholiker. Für dieses Buch hat er sich, wie man seinem Literaturverzeichnis entnehmen kann, ein umfangreiches Faktenwissen angeeignet und dieses dann leichtfüßig in seinen Essay eingebracht.
Ein moderater Umgang mit Wein, Sekt und auch Spirituosen ist Bestandteil unserer europäischen Kultur. Doch leider verliert ein gewisser Prozentsatz von Alkoholkonsumenten die Kontrolle über ihr Trinkverhalten mit entsprechend unerfreulichen Begleiterscheinungen.
Wer nicht in die Abhängigkeit dieser Droge geraten möchte, sollte sich, bevor er Selbsthilfegruppen nötig hat, mit dem Phänomen der Trunksucht auseinander setzen.
Wann beginnt sie und wodurch kann sie aufgelöst werden? Schreiber wog zu Zeiten seines Alkoholismus 125 Kilo und damit 40 mehr als heute. Er besuchte 2-3-mal in der Woche die Psychoanalyse, trank stets, auch alleine zu Hause, weil nur dies ihn entspannte. Seiner Sucht versuchte er ein Ende zu bereiten, indem er seinen Alkohlkonsum gezielt einschränkte, trank allerdings entgegen seinem Wollen nach einem halben Jahr mehr als zuvor.
Der Autor schreibt davon, dass Trunksucht zu charakterlichen Regressionen führe, das Realitätsgefühl sich massiv verändere, krude Phantasien und Tagträume zur Normalität eines Trinkers gehörten, der zwischen Grandiosität und Selbstmitleid, zwischen Allmachts- und Opferphantasien schwanke. Erschütternde Momente reiner Dunkelheit erforderten eine enorme Kraft, diese abzuschütteln.
Nicht verwunderlich ist, dass zukünftig Abhängige in einem sozialen Umfeld aufwachsen, in dem Betrunkenheit unter Erwachsenen toleriert wird. Auch ermittelt werden konnte, dass in dem Kreis der Anfälligen schon früh Probleme der Bindungsfähigkeit, Angstzustände, Aggressionen und Aufschub von Bedürfnisbefriedigung eine Rolle gespielt haben.
Trotz all diesem aber gäbe es keinen letzten psychologischen Grund für das Trinken. Entsprechend gelte der Satz: "Der Trinker trinkt, weil er abhängig ist."
Der Autor befasst sich mit der Selbsttäuschung in Bezug auf Alkoholkonsum und verdeutlicht diese auch. Alkoholprobleme werden wie Schreiber festhält, großflächig verleugnet, intellektualisiert und ästhetisiert. Kaum irgendwo wird so viel getrunken wie in Deutschland. Der Pro-Kopf-Konsum an reinem Alkohol liegt bei uns bei 12,1 Liter, weltweit im Durchschnitt jedoch bei 6 Litern. Insofern wundert es nicht, dass bei uns mehr Menschen an Leberzirrhosen sterben als bei Verkehrsunfällen. 74 000 Menschen sterben in Deutschland an den Folgen von extremem Alkohol und nur 10% der Alkoholiker begeben sich in medizinische, psychiatrische oder eine anderweitige Behandlung.
Schreiber bekundet sehr offen seine Erfahrungen in Selbsthilfegruppen, deren Besuch eine Übung in der Auseinandersetzung mit dem eigenen alkoholkranken Stolz sei.
Zügelloses Trinken verändert einen Menschen völlig. Daniel Schreiber unterstreicht: "Es hält die Phantasien des Egos aufrecht und hilft dabei, die Realität so weit auszublenden, dass man sie ohne größere Schwierigkeiten der Phantasie anpassen kann. In diesem Sinn ist es ein großer narzisstischer Motor"
Alles ist eine Frage vom vernünftigen Maß. Wer nicht maßhalten kann, sollte nach meiner Meinung auf Alkohol und andere Mittel (z.B. Nikotin oder Zucker), die süchtig machen können, besser völlig verzichten, sich immer wieder mit seiner Suchtanfälligkeit befassen und sich klar machen, dass ein Leben ohne Abhängigkeit Glück verheißt.
Empfehlenswert.
Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Hanser-Verlag und können das Buch direkt bestellen: http://www.hanser-literaturverlage.de/verlage/hanser-berlin. Sie können es aber auch bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.
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