Der Autor dieses bemerkenswerten Buches, das ich als Juwel bezeichnen möchte, ist der Schriftsteller und Kurator Oliver Matuschek.
"Ein Leben in Bilder" befasst sich sowohl in den Texten als auch durch über 300 teils unveröffentlichte Fotos mit Stefan Zweig, einem der international erfolgreichsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.
Matuschek zeigt, dass Zweig nicht nur durch seine Werke brillierte, sondern als Pazifist und Europäer wie auch als großzügiger Förderer von Nachwuchstalenten überzeugte. Dass Stefan Zweig darüber hinaus ein Handschriftensammler war, soll nicht unerwähnt bleiben.
Der vorliegende Band mit biografischen Texten enthält zudem private Fotos, Studioaufnahmen, Manuskripte und Erstausgaben aus aller Welt, die mit besagten Texten korrespondieren.
Das private Bildmaterial wird in chronologischer Folge präsentiert. Die Texte ordnen das Bildmaterial gekonnt ein. Dabei erheben diese Texte nicht den Anspruch auf vollständige, biografische Darstellung. Die zudem gezeigten Manuskripte, Briefe, Dokumente und Objekte stammen zum größten Teil aus Zweigs Arbeitsumfeld.
Wie man erfährt, unterstützte der begeisterte Amateurfotograf in seiner Exilzeit Fotografinnen und Fotografen aus Europa und ließ sich beinahe ausschließlich von ihnen aufnehmen.
Zunächst hat man Gelegenheit "Eine kurze Geschichte der Familie Zweig" zu lesen und sich mit entsprechendem Bildmaterial vertraut zu machen. Geboren am 28.11.1881 in Wien, besuchte der Zweitgeborene der wohlhabenden Fabrikantenfamilie jüdischen Glaubens das Gymnasium, verfasste schon während der Schulzeit Gedichte, Bühnenstücke und Erzählungen und schrieb sich nach dem Abitur an der Universität in Wien in Philosophie und Literaturgeschichte ein.
Man erfährt, dass Zweig sich im Studium bereits mit dem Aufbau eines Netzwerks von Zeitungsredakteuren, Verlegern und Schriftstellern beschäftigt habe und schon früh mit führenden Schriftstellern in Kontakt stand, unter Ihnen Rainer Maria Rilke, Arthur Schnitzler und Hugo von Hofmannstal. Seine Karriere war also kein Zufall, sondern geplant und auf Fleiß und Können basierend.
Man liest von Zweigs erstem Buch und hat Gelegenheit das Cover dieses Lyrikbandes mit dem Titel "Silberne Seiten" zu bestaunen, erfährt auch, dass es vielfach positiv besprochen wurde und Zweig die Rezensionen sammelte. Dann hat man Gelegenheit, sich mit zahlreichen handschriftlichen Texten von Zweig zu befassen und erfährt, dass seine Dissertation mit dem Titel "Die Philosophie des Hippolyte Taine" eines der wenigen abgeschlossenen Werke war, die er nicht veröffentlichte.
Man erfährt auch, wann er erfolgreich Kontakt zum Insel-Verlag aufnahm und dass er mit dem Gedichtband "Die frühen Kränze" seine nahezu dreißigjährige Zusammenarbeit begründete.
Dann liest man von seinen zahlreichen Reisen und hier u.a., dass er in Paris Auguste Rodin kennenlernte und hat Gelegenheit einen Ausschnitt aus Zweigs handschriftlicher Beschreibung seines Besuchs bei Rodin zu studieren.
1911 war Zweig u.a. auf Kuba und Jamaika. Finanziert hat er die vielen Reisen, wie man erfährt, durch seine Erbschaft und seiner Beteiligung an der Weberei seiner Eltern. Reisen hat ihn zu dem werden lassen, als den man ihn aus seinen Büchern kennt. Weitsichtig und weltoffen.
Man erfährt natürlich auch wie er seine erste Frau kennenlernte. Es handelt sich um Friderike von Winternitz und dass sich alsbald - Ende 1912- der Beginn einer Beziehung abzeichnete.
Wie sich Zweigs Leben und Wirken während des ersten Weltkriegs darstellte, wird ebenso interessant beschrieben wie das Wirken in den 1920er Jahren.
Der erste Weltkrieg habe Zweig zum Pazifisten werden lassen. Man liest von Werken in dieser Zeit, seiner Freundschaft mit dem Maler Franz Masereel, liest von Zweigs fortdauernden Erfolgen und natürlich auch von seinem größten Büchererfolg dem erstmals 1927 erschienen bei Insel Band "Sternstunden der Menschheit". Allein bis 1935 bereits hatte der Verlag 320.000 Exemplare abgesetzt.
Eine Reihe fröhlicher Fotos erinnern daran, dass Hitler noch nicht an der Macht war. Cover von Büchern und Fotos von Stefan Zweig und Friderike wechseln mit informativen Texten ab. Einblicke in seine Bibliothek werden dem Betrachter auch nicht verwehrt. Zweigs Bibliothek umfasste 1929 bereits 10 000 Bände und soll ständig angewachsen sein Darüber hinaus besaß er 1000 Handschriften aus Literatur Geschichte und Musik.
Man liest von seinem Buch über Joseph Fouché. Dies war seine erste umfassende Biographie einer historischen Person. Erschienen 1929. Ein beeindruckendes Buch, das ich vor langer Zeit gelesen und über dessen Inhalt ich immer wieder mal nachdenke, wenn Berufspolitiker im Hier und Heute charakterisiert werden.
Dann liest man zu seinem Bestseller "Marie Antoinette" Wissenswertes. Nicht unerwähnt bleibt ein Originalbrief der Französischen Königin aus Zweigs Autografensammlung und die Verfilmung des Romans in Hollywood. Wer Zweigs Bücher nur zum Teil kennt, wird erstaunt sein über die Fülle, die dieser Schriftsteller produziert hat. Alle spannend zu lesen und erkenntnisfördernd.
Trotz seiner Berühmtheit, veränderte sich 1933 sein Leben. Darüber erfährt man mehr im Kapitel "Der Weg ins Exil". Auch von seiner neuen Liebe zu Lotte Altmann liest man und der Trennung von Friderike. Bereits 1934 ging er nach England, um schließlich 1942 in Brasilien seinem Leben ein Ende zu setzen.
Trotz seines großen Erfolges entschied der damals 60 jährige gemeinsam mit seiner Frau aus dem Leben zu scheiden. Seinem Abschiedsbrief vom 22.2.1942 kann man die Gründe entnehmen und erahnt, wie erschöpft er war.
Ein beeindruckendes Buch mit unglaublich vielen Fakten, die man im Rahmen einer Rezension nicht alle streifen kann, geschweige denn ist es möglich, das gesamte Bildmaterial auch nur ansatzweise zu würdigen.
Maximal empfehlenswert
Helga König
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen