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Rezension: Lexikon der sperrigen Wörter

Die Akademie Schloss Solitude in Stuttgart ist Herausgeber dieses spannend zu lesenden Wörterbuches, das Definitionen, Essays, Gedichte, Kurzgeschichten, Dialoge, Aphorismen zu "sperrigen" Wörtern enthält. Gemeint sind damit Wörter, die sich nicht einfach erklären lassen, d.h. Wörter, die Widerstand leisten, die unverständlich, widersprüchlich oder unübersetzbar sind. Das Lexikon wurde von über einhundertvierzig Autoren realisiert.

Zu den sperrigen Wörtern zählen u.a. Artenschutz, Augenmaß, Kultur, Kreativität, Künstler, mutterseelenallein, unübersetzbar, schattensüchtig, und das Wort sperrig selbst.

Einer der Autoren - Franz Xaver Baier - findet das Lippenbekenntnis "Ich-liebe-Dich" höchst sperrig und zwar, weil es ihm nicht leicht über die Lippen geht. Er ist fest davon überzeugt, dass seine Lippen sehr klug sind und dass sie - sobald sie merken, was dahinter steckt - sich verweigern möchten. Sie wollen, so Baier, die Botschaft nicht durch Worte übertragen, sondern stattdessen durch die ganze Haltung, Zuneigung, den Körper, Leib gewissermaßen durch die gesamte Existenz in ihrer höchsten Form, (vgl.: S. 119).


Das Buch enthält eine Fülle sperriger Wörter. Die Begriffe Wahrheit und Zweifel gehören auch dazu, aber auch der Begriff "Kastrat", den man nicht mit dem Begriff " Eunuch" verwechseln sollte. Dass Freud in diesem Zusammenhang schrieb, dass man Kastrationsängste korrekter Weise als "Eunuchoidale Amputationsangst" bezeichnen müsste, wusste ich bislang noch nicht. Kastraten bekommen übrigens den Penis nicht amputiert, sondern "nur" die Keimdrüsen, respektive die inneren Geschlechtsorgane entfernt. Sie dürfen, nachdem sie das sperrige Lippenbekenntnis "Ich-liebe-Dich" gesagt haben, dies nach wie vor körperlich zum Ausdruck bringen. Ist das nicht wunderbar?


Ein kurzweilig zu lesendes, hochinformatives Büchlein

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