Meredith Haaf hatte Geschichte und Philosoph studiert, bevor sie als freie Journalistin für die FAZ, Spiegel Online, die taz etc Beiträge verfasste. Seit 2017 ist sie Redakteurin im Magazin "SZ Familie" und schreibt u.a. für das Feuilleton der "Süddeutschen Zeitung".
Die Autorin hält Konflikthaftigkeit für das Grundgefühl unserer Zeit. Dabei sei Streit der Schlüssel, um zu eruieren, was andere möchten. Gewaltbereitschaft- das sollte jedem bewusst sein- sei aber nicht die Steigerung von Streitlust, sondern deren Feind. Das Unvermögen den Konflikt und den Widerstand des Gegenübers zu ertragen, habe bittere Folgen, die unsere Freiheit beeinträchtigten.
In immer mehr Ländern kämen jene Politiker an die Macht, die versichern, brachial über gesellschaftliche Konflikte hinwegzuregieren. Überall, auch in den sozialen Netzwerken gerate der Frieden unter Druck.
Wer auf seiner Meinung beharre, Streit beginne oder den bestehenden Konsens einer Gruppe in Frage stelle, gelte als schwierig.
"Wann gelingt eine Auseinandersetzung?" fragt Meredith Haaf deshalb aus guten Gründen. Ganz gewiss, wenn dadurch Lösungen gefunden werden. Doch genau das ist möglicherweise zu viel.
Streit mit Menschen, die uns nahe stehen, sei emotional anstrengender als mit jenen, die uns nicht so nahe stünden. Die Ursachen: Man habe Angst, von demjenigen isoliert zu werden, der uns nahe steht. Aber es sei wohl auch so, dass es schwer sei, die Grundbedingungen eines sinnvollen Streits zu erfüllen, weil die Rollen in engen Beziehungen starrer sind, in denen wir uns und andere wahrnehmen. Hierdurch sei die intellektuelle Empathie und Flexibilität schwerer zu halten. Der richtige Abstand- innerlich und äußerlich- sei für jede Kommunikation entscheidend.
Das Aggressionspotential im Internet sei beispielsweise besonders hoch. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass wir hier allzu oft auf Menschen treffen, deren einzige Verbindung zu uns aus digitalen Daten entstehe.
Das Aggressionspotential im Internet sei beispielsweise besonders hoch. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass wir hier allzu oft auf Menschen treffen, deren einzige Verbindung zu uns aus digitalen Daten entstehe.
Wie auch immer, wer sich streite, habe zumindest etwas gemeinsam: das Interesse am Thema. Gemeinsame Themen seien etwas, was die Gesellschaft ausmachten und damit auch unsere Demokratie.
Die Autorin betrachtet die Wut und was man, sofern man sie hat, besser lässt und benennt zudem den eigentlichen Wut-Schausteller unsrer Zeit beim Namen. Sie kennen ihn gewiss auch. Mit diesem Beispiel zeigt Haaf, dass Wut niemals wirklich überzeugen kann, zumindest psychisch intakte, nachdenkliche Menschen nicht.
Reflektiert wird auch der Konflikt und die Angst und die sprachliche Selbstkontrolle, die notwendig sind, um im Streit klar denken zu können. Kompetente Argument-Gegenargument-Gespräche erfordern eine sehr hohe Konzentration. Nicht zu vergessen: Die Kunst zu streiten bedeutet auch, den anderen zu Wort kommen zu lassen.
Das schlechte Gespräch sei ein Machtkampf, denn hier gehe es darum, den anderen rhetorisch platt zu machen.
Zivilisiertes Streiten erfordere hingegen Respekt und Regeln.
All das sehe ich genauso. Meredith Haaf ist der Vernunft verpflichtet.
Gefallen haben mir die Überlegungen, weshalb Streit schwer sei, aber auch die Überlegungen zum Dissens im digitalen Zeitalter. Lösungen gibt es hier bekanntermaßen höchst selten, dafür aber kann es sehr unangenehm werden. Dennoch ist es wichtig sich zivilisiert auseinanderzusetzen und sich nicht wegzuducken.
Wenn Sie wissen möchten, was Sie ändern müssen, damit Sie besser streiten können, empfehle ich dieses Buch.
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Helga König
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Streit!: Eine Aufforderung
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